DAZ aktuell

Keine Entwarnung bei Hormonersatztherapie

BERLIN (ks). Dass kein Anlass für eine Entwarnung bei der Hormonersatztherapie besteht, machten die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am 16. Oktober in einer gemeinsamen Pressemitteilung deutlich.

Die evidenzbasierte Wissenschaft ist sich einig: Bei der Hormonersatztherapie in den Wechseljahren überwiegt nur für eine kleine Patientinnen-Gruppe der Nutzen das Risiko. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat daher im Jahr 2003 eine entsprechende Leitlinie zur Verordnung von Hormonpräparaten im Klimakterium herausgegeben. Doch ein Teil der Gynäkologen will davon nichts wissen und attackiert die Hormon-Kritiker scharf. Das Bundesgesundheitsministerium und die AkdÄ sahen sich daher veranlasst, erneut auf die tatsächliche Studienlage hinzuweisen.

Zuletzt hatte eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) für Furore gesorgt: Danach überschätzen noch immer viele Frauenärzte den Nutzen der Hormonersatztherapie (siehe auch DAZ Nr. 28/2005, S. 28 sowie DAZ Nr. 35/2005, S. 50 ff.). Vertreter der Frauenärzteschaft und die einschlägige Fachpresse sahen die Studie als Angriff auf die Gynäkologen und reagierten heftig. Sie sind der Auffassung, dass die Studienlage überbewertet wird und die Hormontherapie für einen weitaus größeren Patientinnenteil gewinnbringend ist. Wie die AkdÄ erklärte, hat diese Kritik nach Veröffentlichung der WidO-Studie "an Schärfe nochmals zugenommen und teilweise jedes Maß verloren".

Therapieempfehlungen bleiben bestehen

Die Arzneimittelkommission steht nach wie vor hinter ihren Therapieempfehlungen von 2003. Ein Großteil bisher beanspruchter Anwendungsgebiete der Hormone - z. B. ihr Schutz vor koronarer Herzerkrankung - hat sich der AkdÄ zufolge auch weiterhin nicht wissenschaftlich belegen lassen. Frauen hätten daher einen Anspruch darauf, von ihren Ärzten umfassend und differenziert zum (beschränkten) Nutzen und allen bekannten Risiken der Hormonersatztherapie informiert zu werden.

Schmidt hat ebenfalls kein Verständnis für die Hormon-Befürworter: "Es kann nicht sein, dass die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse in den Arztpraxen immer noch unzureichend beachtet werden". Sie erwartet auch von den Krankenkassen, dass sie ihren Versicherten Informationen anbieten und auf die Risiken einer Hormonbehandlung hinweisen. Die Frauen selbst möchte Schmidt motivieren, gemeinsam mit ihrem Arzt eine kritische Risiko-Nutzen-Abwägung vorzunehmen und sich nach Alternativen zu erkundigen. Wenn sich dabei ergibt, dass eine Behandlung mit Hormonersatzpräparaten tatsächlich notwendig ist, sollte diese so kurz und so niedrig dosiert wie möglich erfolgen.

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