Arzneimittel und Therapie

Wachstumsfaktor mit supportivem Nutzen

Im Rahmen einer Studie wurde der hämatopoetische Wachstumsfaktor Sargramostim bei Patienten mit Morbus Crohn eingesetzt. Obwohl der primäre Studienendpunkt nicht signifikant beeinflusst wurde, weisen Veränderungen bei den sekundären Endpunkten auf einen Benefit dieses immunmodulierenden Therapieansatzes hin.

Dem Morbus Crohn liegt eine Störung des intestinalen Immunsystems zugrunde, die sich in chronischen Entzündungen manifestiert. Zur Therapie werden daher antiinflammatorische Substanzen eingesetzt, um die Entzündung zu unterbinden. Ein anderes Therapiekonzept besteht darin, die intestinale Immunantwort durch Wachstumsfaktoren zu stärken. Ein solcher Wachstumsfaktor ist der Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktor Sargramostim (Leukine®; Berlex, USA), der unter anderem zur Therapie der akuten myeloischen Leukämie nach einer Chemotherapie eingesetzt wird. Nachdem eine Pilotstudie mit Morbus-Crohn-Patienten auf einen Benefit von Sargramostim hingewiesen hat, wurde eine größere Studie mit diesem Wachstumsfaktor durchgeführt.

Randomisierte, placebokontrollierte Studie

Für die Studie wurden 124 Patienten mit einem mittelschweren bis schweren Morbus Crohn im Verhältnis zwei zu eins randomisiert zwei Gruppen zugeteilt. Die 81 Teilnehmer der Verumgruppe erhielten während 56 Tagen einmal täglich subcutan 6 µg Sargramostim/kg Körpergewicht, die 43 Probanden der Vergleichsgruppe über denselben Zeitraum hinweg eine Placeboinjektion. Zur weiteren Therapie waren Antibiotika und Aminosalicylate erlaubt; Immunsuppressiva und Glucocorticoide durften nicht eingenommen werden. Der primäre Studienendpunkt war das klinische Ansprechen, definiert durch eine Abnahme des Crohn's Disease Activity Index (CDAI) von mindestens 70 Punkten gegenüber dem Ausgangswert. Sekundäre Studienendpunkte waren eine Abnahme des CDAI um mindestens 100 Punkte sowie eine Remission (definiert als eine Reduktion des CDAI um 150 Punkte). Weitere Studienendpunkte umfassten die Lebensqualität und unerwünschte Wirkungen der Therapie.

Benefit bei sekundären Studienendpunkten

Im Hinblick auf den primären Studienendpunkt – das klinische Ansprechen mit einer Abnahme des CDAI-Scores um mindestens 70 Punkte – zeigte sich zwischen der Verum- und der Placebogruppe kein statistisch signifikanter Unterschied. Am Ende der Studie, an Tag 57, hatten 54% der mit Sargramostim und 44% der mit einem Placebo behandelten Patienten eine Abnahme des CDAI-Scores um mindestens 70 Punkte erreicht.

Statistisch signifikante Unterschiede zeigten sich bei den sekundären Endpunkten: 48% der Verum- vs. 26% der Placebogruppe erreichten eine Abnahme des CDAI-Scores um mindestens 100 Punkte. Und 40% der mit Sargramostim behandelten Patienten (vs. 19% der Placebogruppe) erzielten unter der Therapie eine Remission (definiert als eine Abnahme um mindestens 150 Punkte). An Tag 29 und 30 Tage nach Therapieende waren die Raten für das klinische Ansprechen und für die Remission in der Sargramostimgruppe signifikant höher als in der Placebogruppe. Patienten der Verumgruppe erfuhren ferner eine signifikante Verbesserung ihrer Lebensqualität.

Leichte bis mittelschwere passagere Reaktionen an der Injektionsstelle sowie Knochenschmerzen traten in der Verumgruppe häufiger auf als in der Plazebogruppe. Drei Patienten der Sargramostimgruppe hatten schwerwiegende Nebenwirkungen (Migräne, Anorexie, Schwäche), die möglicherweise mit der Therapie im Zusammenhang standen.

Fazit

Die Autoren der Studie sehen in diesen Ergebnissen eine Bestätigung des immunmodulierenden Therapieansatzes. Sie weisen darauf hin, dass die Pathophysiologie der Erkrankung sowie die Verbesserung sekundärer Studienendpunkte durch Sargramostim sowie der anhaltende Erfolg auch nach Absetzen des Wachstumsfaktors für einen Nutzen bei der Behandlung des Morbus Crohn sprechen.

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

Quelle

Korzenik J., et al.: Sargramostim for active Crohn‘s disease. N. Eng. J. Med. 352, 2193 – 2201 (2005).

Hämatopoetische Wachstumsfaktoren

Hämatopoetische Wachstumsfaktoren (HGF) unterstützen die Differenzierung und Proliferation unterschiedlicher Blutzelllinien. Sie werden überwiegend im onkologischen Bereich eingesetzt.

  • G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) und GM-CSF (Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierender Faktor); sie fördern die Bildung und Differenzierung von Vorläuferzellen der Granulo- bzw. Monozytopoese, verringern den Neutrophilenabfall und verkürzen die Neutropeniedauer nach einer Chemotherapie. Therapeutisch eingesetzt werden Filgrastim (Neupogen®) und Lenograstim (Granocyte®) sowie das pegylierte Pegfilgrastim (Neulasta®). Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierende Faktoren sind Molgramostim (Leucomax®) und Sargramostim (Leukine®).
  • Erythropoetin (EPO) stimuliert die Erythropoese. Im onkologischen Bereich wird Erythropoetin u. a. bei der Tumoranämie, einer Chemotherapie-induzierten Anämie, beim Fatigue-Syndrom und zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt. Neben den konventionellen Epoetinen (Epoetin alpha und Epoetin beta) steht ein glykosiliertes Präparat zur Verfügung (Darbepoetin alpha; AraNesp®).
  • Ein rekombinant gewonnenes Thrombopoetin zur Therapie der Thrombozytopenie befindet sich in der klinischen Prüfung.
  • Interleukin-3 und Stammzellfaktor sind Multilinienwachstumsfaktoren für frühe und liniendeterminierte Stammzellpopulationen; beide Substanzen sind nur für Studien verfügbar.
  • Palifermin (Kepivance® in Deutschland noch nicht im Handel) ist ein gentechnisch hergestellter, humaner Keratinozyten-Wachstumsfaktor (rHuKGF), der bei der Regeneration der Mundschleimhaut eine wichtige Rolle spielt und zur Therapie der Mukositis eingesetzt wird. [nach Engelhardt, M., et al.: Behandlung mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren. www.dgho.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.