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"Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Familie"

LONDON (jr). Im Vereinigten Königreich wird die Selbstmedikation mehr und mehr zur Gewohnheit. Der Apotheker spielt dabei allerdings nur eine untergeordnete Rolle, wie Studien belegen. Im Krankheitsfall wird das Internet dem Rat des Apothekers vorgezogen.

Die britische Regierung setzt im Kampf um eine bessere medizinische Versorgung der Bevölkerung vor allem auf die Apotheker des Landes. Zum einen erhofft sich London davon die Entlastung der Ärzte, zum anderen soll die angespannte Finanzsituation des Gesundheitswesens verbessert werden.

Eine Studie belegt indessen den geringen Einfluss der Apotheker auf das Verhalten der Briten im Krankheitsfall oder bei Präventionsbemühungen. 90 Prozent aller Befragten gaben an, bei kleineren Beschwerden ganz auf Selbsthilfe zu setzen. Bei gewöhnlichen Gesundheitsproblemen zeigten sich 91 Prozent der Befragten mit der Wirkungsweise der ohne Hilfe oder Rat erworbenen OTC-Produkte zufrieden, während 71 Prozent betonten, sich für ernsthaftere Krankheiten mehr nicht-verschreibungspflichtige Medikamente auf dem Markt zu wünschen.

Apotheke auf den hinteren Rängen

Auf die Frage, ob in den letzten zwölf Monaten eine Apotheke aufgesucht wurde, um Informationen über generelle Gesundheitsfragen oder die Behandlung einer gewöhnlichen Krankheit zu erhalten, antworteten nur 54 Prozent der Teilnehmer mit ja. 41 Prozent der Befragten gaben an, ein Jahr lang überhaupt keine Apotheke aufgesucht zu haben. In der Gunst der Bevölkerung stehen die Apotheker als Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen mit nur 8 Prozent an sechster Stelle – hinter Ärzten (19 Prozent), der Familie und Freunden (17 Prozent), dem Internet (12 Prozent), Krankenschwestern/Pflegern (9 Prozent) und Beipackzetteln von medizinischen Produkten (9 Prozent).

Bereits 1977 sowie 1985 hatten Studien ergeben, dass Kranke ihren Arzt, Familie und Freunde, Magazine, Zeitungen, das Radio und Fernsehen in Anspruch nahmen, bevor sie sich einem Apotheker anvertrauten.

Kein Vertrauensverhältnis

Obwohl unter den Befragten der jüngsten Studie 90 Prozent angaben, im Falle eines Apothekenbesuches durchaus zufrieden gestellt worden zu sein, haben sich die Apotheker bisher nicht als unentbehrliche Helfer und Berater etablieren können. Gründe für diese Diskrepanz gibt es nach Ansicht von Marktbeobachtern viele. Die Menschen wissen zum Teil nicht, wie gut Apotheker ausgebildet sind und welches Wissen dementsprechend zur Verfügung steht.

Vielfach haftet den Apothekern das Image des so genannten Weißkittels hinter dem Tresen an, der Medikamente lediglich ausgibt und kassiert. Immerhin betonten 51 Prozent aller Befragten, sich mehr Aufklärung beim Kauf eines Apothekenproduktes zu wünschen. Dabei erwarten die Kunden vor allem auch Informationen zu Alternativen und generelle Tipps zu Behandlungs- oder Präventionsbemühungen. Viele Apotheken haben keine Konsultationszonen, in denen sich der Kunde ungestört anvertrauen kann. Hinzu kommt oftmals eine große Arbeitskraftfluktuation, die dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und somit auch der angestrebten Kundenbindung schadet.

Indem die britische Regierung ihrer Hoffnung auf eine stärkere Hinwendung der Bürger zur Apothekenbetreuung Ausdruck verlieh, verdeutlichte sie einmal mehr, von den Apothekern des Landes ein noch größeres Engagement zu erwarten. Da Patienten und Kunden ihre Gewohnheiten kaum von sich aus umstellen werden, sehen sich die Apotheker nun in die Pflicht genommen, durch mehr Kundennähe, Serviceorientiertheit und Eigenwerbung den Kampf um den Bürger noch zu intensivieren.

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