DAZ aktuell

Verbraucherschutz "super-light"

Wer sich per Mausklick auf eine pharmazeutische Abenteuerreise in den (vermeintlich) rechtlosen Dschungel des Internets begibt, wird möglicherweise auch mit den Seiten der niederländischen Versandapotheke www.pharmakontor.com konfrontiert, die offen den deutschen oder europäischen Verbraucherschutz verhöhnt.

So heißt es dort ganz frech: "Bei Pharma Kontor können Sie Ihre Anti-Baby-Pille als Dauerrezept beziehen. Wir benötigen nur 1x ein Originalrezept. Dadurch kann auch die Praxisgebühr gespart werden. Danach können Sie Ihre Pille in beliebiger Menge und in beliebiger Häufigkeit nachbestellen. Viele deutsche Anti-Baby-Pillen können 1:1 durch holländische Medikamente ersetzt werden. Die Preise liegen in der Regel sogar noch unter dem deutschen Reimport-Preis. Sie können auch für Ihre Freundin mitbestellen. Ohne Extra-Rezept." [Stand: August 2005]

Wie aus einer unwirklich-heilen Welt klingt da § 3 der deutschen Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel: Die wiederholte Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf dieselbe Verschreibung über die verschriebene Menge hinaus ist unzulässig. Verstöße können gemäß § 96 Nr. 13 Arzneimittelgesetz mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden.

Unwirklich wirkt vor diesem Hintergrund auch die so genannte Länder-Liste des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit (BMGS) zum Versandhandel mit Arzneimitteln. In dieser Ende Juni 2005 veröffentlichten Liste stellen die angeblich dem Verbraucherschutz verpflichteten, aber offenbar mehr als blauäugigen deutschen Experten kühn fest, dass "zurzeit in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen".

Wie lange müssen sich die deutschen Verbraucher sowie die rechtskonformen deutschen Apotheken noch von unfähigen Gesundheitspolitikern, peinlich ahnungslosen Ministerialbeamten und internationalen Gaunern für blöd verkaufen lassen?

Dr. Michael Schmidt,
Rottenburg 
(Der Autor ist Fachapotheker für Öffentliches Gesundheitswesen und freier Fachjournalist.)

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