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Diabetes und Demenz – Volkskrankheiten der Zukunft

BERLIN (ks). In den kommenden zehn Jahren werden die Menschen in Deutschland zunehmend unter ernährungs- und alterbedingten Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht und Demenz leiden. Zugleich ist mit einem Anstieg von Infektionskrankheiten und einer schweren Grippe-Epidemie zu rechnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité unter 100 führenden Forschern aus Industrie und Wissenschaft zum Krankheitsspektrum der Zukunft.

Dieter Götte, Leiter Medical Affairs bei sanofi-aventis Deutschland, stellte die im Auftrag des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) durchgeführte Umfrage am 10. August in Berlin vor. Danach erwarten 88 von 100 befragten Wissenschaftlern einen Anstieg der Neuerkrankungen bei Diabetes mellitus und Übergewicht. 83 Prozent rechnen mit einer Zunahme von Demenzerkrankungen. Aber auch Schlaganfälle, degenerative Gelenkerkrankungen, Osteoporose, Depressionen und Allergien werden nach Auffassung der Experten bis zum Jahr 2015 häufiger auftreten. Viele dieser Erkrankungen sind darauf zurückzuführen, dass die Menschen immer älter werden und sich schlecht ernähren.

Diabetes bald Todesursache Nummer 1?

Insbesondere die prognostizierte Zunahme des Diabetes Typ 2 bereitet den Experten Sorgen. Es wird nicht nur immer mehr Diabetiker geben – immer mehr Menschen werden nach Ansicht der Forscher auch an den Folgen dieser Erkrankung sterben: Über zwei Drittel der Befragten erwarten, dass Diabetes mellitus trotz derzeit guter Behandlungsmethoden in den nächsten zehn Jahren zu den häufigsten Todesursachen zählen wird. Für Götte ist der Diabetes die bislang "am meisten unterschätzte Krankheit". In den letzten 50 Jahren sei die Zahl der Diabetiker um das 20fache angestiegen. Es sei damit zu rechnen, dass schon bald jährlich 350.000 Menschen in Deutschland neu an Diabetes Typ 2 erkranken.

Zwei Drittel erwarten bessere Alzheimer-Therapie

Etwas überraschend mag erscheinen, dass Krebserkrankungen in den Augen der Experten nicht mehr zu den bedrohlichsten Erkrankungen zählen. Zwar werden noch immer viele Menschen insbesondere an Lungenkrebs sterben – bei Frauen erwarten gar 61 Prozent der Experten einen Anstieg dieser Todesursache. Doch es besteht Zuversicht, was künftige Therapiefortschritte betrifft: Kurzfristige Erfolge, die sich schon innerhalb der kommenden fünf Jahre einstellen können, erwarten die Forscher vor allem bei der Therapie des Brust-, Prostata- und Darmkrebs. Noch optimistischer werden die Gesundheitsexperten, wenn es um die Erwartungen für das Jahr 2015 geht – dann steht selbst der Lungenkrebs auf der Liste der Top-Ten-Krankheiten mit den größten Therapiefortschritten. Auch bei der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen rechnen die meisten Mediziner mit kurz- und mittelfristigen Therapiefortschritten.

Etwas länger dürfte es hingegen noch dauern, bis die Alzheimer Krankheit mithilfe von Arzneimitteln in den Griff zu bekommen ist. Doch immerhin glauben zwei Drittel der Befragte, dass es in rund zwölf Jahren einen Therapiedurchbruch geben wird. Bis zum Jahr 2009 werden auch sechs neue Arzneimittel zur Behandlung von Alzheimer erwartet, erklärte Götte.

Keine Entwarnung bei Infektionskrankheiten

Weniger erfreulich sind die Erwartungen, die die Experten im Zusammenhang mit globalen Infektionskrankheiten haben: 62 Prozent sehen die Tuberkulose auf dem Vormarsch in Deutschland – als Gründe hierfür gelten Migration und Fernreisen. Aber auch bei Aids/HIV und Hepatitis (ohne A) erwarten rund 40 Prozent der Befragten eine Zunahme der Neuerkrankungen – 30 Prozent meinen, Malariainfektionen werden in Deutschland zunehmen. Doch nicht alle sind auf lange Sicht pessimistisch: Gut die Hälfte der Experten rechnet damit, dass in den kommenden zwölf Jahren eine Schutzimpfung gegen HIV möglich sein wird.

Einen Anstieg der Neuerkrankungen erwarten die Forscher auch bei den Kinderkrankheiten. Es sei Besorgnis erregend, so Götte, dass eine zunehmende Impfmüdigkeit in Deutschland zu beobachten sei. Dadurch sei insbesondere die Zahl der Masern-Erkrankungen im ersten Halbjahr 2005 drastisch angestiegen. Weiterhin schätzen gut 60 Prozent der Befragten die Gefahr einer deutschlandweiten schweren Grippeepidemie als hoch oder sehr hoch ein.

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