Mineralstoffe

Phosphor

Phosphor zählt in der Ernährungsphysiologie zu den so genannten Mengenelementen (engl. major elements). Es sind diejenigen anorganischen Bestandteile der Nahrung, von denen pro Tag mehr als 50 mg dem Körper zugeführt werden müssen, um alle Körperfunktionen optimal aufrecht zu erhalten. Phosphor, in der Regel als Phosphat sowohl in anorganischen als auch organischen Verbindungen, ist Bestandteil von Membranen, des Skeletts, von Zähnen und von organischen Verbindungen. Phosphor kommt als Baustein in Proteinen, Kohlenhydraten, Nucleinsäuren, Fetten (Lecithin) und Vitaminen vor und erfüllt damit wichtige Funktionen im Organismus.

Das anorganische Phosphat im Blutplasma ist zu 45% komplexgebunden, zu 43% ionisiert und zu 12% proteingebunden. Als charakteristische organische Phosphate sind Phosphatester und lipidgebundenes Phosphat zu nennen. Über die Lebenszeit eines Menschen sind erhebliche Unterschiede im Plasma-Phosphatspiegel festzustellen: So liegt der Phosphatspiegel im Kindesalter deutlich höher als beim Erwachsenen (hier zwischen 1 und 2 mmol/l – 1 mmol entspricht etwa 31 mg Phosphor); im Alter fällt die Phosphatkonzentration im Plasma wieder ab. Insgesamt enthält der Körper eines Erwachsenen zwischen 600 und 700 g Phosphor. Davon befinden sich mehr als 85% in anorganischen Verbindungen mit Calcium im Skelett (als Hydroxylapatit: Ca5[OH(PO4)3] , zwischen 65 und 80 g in den übrigen Geweben und etwa 2 g im Blut.

In der Natur kommt Phosphor ausschließlich in Form von Phosphaten, meist an Calcium gebunden, vor. Für Pflanzen zählt Phosphor zu den notwendigen Nährstoffen. Sie decken ihren Bedarf aus den mineralischen Phosphoranteilen des Bodens, die erst durch chemische Verwitterungsvorgänge aus dem Gestein (pflanzen)verfügbar werden.

Funktionen

Phosphorsäurehaltige Verbindungen spielen eine wesentliche Rolle im Intermediär-stoffwechsel aller Zellen – im Hinblick auf die Transformation, Speicherung und Verwertung von Energie. Adenosintriphosphat (ATP) als energiereiches Phosphat wird durch oxidative Phosphorylierung (in der Atmungskette) und durch Substratkettenphosphorylierung (bei der Glykolyse) erzeugt. Im Plasma wirken Phosphate als pH-Puffer und machen etwa 5% der Pufferkapazität insgesamt aus. Das System aus Dihydrogenphosphat und Hydrogenphosphat wirkt in der Zelle, im Blutplasma (Säure-Base-Haushalt) und vor allem auch im Urin (pK-Wert 6,80).

Resorption und Stoffwechsel

Liegt Phosphor in Form von organischen Verbindungen vor, so erfolgt vor einer Resorption in Form des anorganischen Phosphats im Dünndarm erst eine enzymatische Spaltung durch Phosphatasen. Polyphosphate müssen im Darm in Orthophosphate gespalten werden, wobei die enzymatische Spaltung mit steigendem Kondensationsgrad abnimmt. Nicht gespaltene (nicht hydrolysierte) Polyphosphate werden ausgeschieden. Der Phosphathaushalt ist eng mit der Calciumhomöostase verknüpft. Aktives Vitamin D (1,25-(OH)2-D3 = 1,25-Dihydroxycholecalciferol als Steroidhormon, in der Leber gebildet) und das Parathormon (PTH, Parathyrin nach neuerer Nomenklatur) fördern die Resorption. Parathyrin ist ein Nebenschilddrüsen-Hormon, das in den so genannten Epithelkörperchen gebildet wird und beim Menschen aus 84 (in anderen Organismen aus 81 – 85) Aminosäureresten besteht. Es ist für die Demineralisation der Knochensubstanz durch Remobilisierung des Calciums (s. DAZ 145, Nr. 24, S. 69 – 70) und für die Phosphatausscheidung verantwortlich. Die Resorptionsrate des Phosphors aus der Nahrung wird mit durchschnittlich 70% angegeben. Säuglinge nehmen 85 – 90% des in der Muttermilch enthaltenen Phosphors auf, bei Erwachsenen sinkt die Resorptionsrate allgemein auf 50 – 60%. Sie wird vor allem durch Mineralstoffe wie Calcium und Eisen (und auch Aluminium) verringert. Mit steigendem pH-Wert nimmt sie zu.

Im Getreide spielt vor allem die Phytinsäure (Symbol InsP6; Inosithexaphosphat) eine Rolle. In Form von Calcium-Magnesiumsalzen (Phytin) kommt sie als Phosphorspeichersubstanz in vielen tierischen und vor allem pflanzlichen Geweben als Naturstoff vor. Nur nach einer Aktivierung des getreideeigenen Enzyms Phytase (während der Teigführung) werden aus dem mit dem sechswertigen (cyclischen) Alkohol Inositol veresterten Phytin monomere Phosphationen freigesetzt, die dann durch die Darmmukosa in das Blut aufgenommen werden können.

Im Zusammenhang mit dem Kohlenhydratstoffwechsel wird dem Blut Phosphat entzogen. Phosphat wird benötigt, um die intrazellulären Phosphatester des Kohlenhydratabbaus zu synthetisieren. Der Entzug des Phosphats aus dem Blut ist somit eine Folge der Insulinausschüttung und der Deponierung von Hexosen als Glykogen in den Zellen. Ein starkes Absinken des Phosphatspiegels im Blut wird vor allem bei diabetischer Ketoacidose und durch eine exzessive Kohlenhydratzufuhr infolge einer Realimentation infolge starker Unternährung beobachtet. Diese Beispiele sind typisch für die unterschiedliche Phosphatverteilung in den intra- und extrazellulären Kompartimenten. Sie führen zu erheblichen Fluktuationen und beinhalten nicht unbedingt eine Unter- oder Überversorgung.

Phosphor wird durch den Harn (60 – 80%) und Stuhl (20 – 40%) ausgeschieden. Nimmt die Calciumzufuhr ab, so erhöht sich die Ausscheidung durch den Harn. Etwa 85% des glomerulär filtrierten Phosphats werden in den Nierentubuli in das Blut zurückgeführt. Dieser Vorgang ist hormonell kontrolliert: Parathormon, Östrogen und Thyroxin (Schilddrüsenhormon) steigern, Insulin und Cortisol senken die Phosphatauscheidung.

Versorgung

Alimentäre Mangelerscheinungen sind nicht bekannt. Eine Hypophosphatämie ist eine Begleiterscheinung von Nierenfunktionsstörungen und Vitamin-D-Mangel. Eine verminderte tubuläre Reabsorption von Phosphationen ist mit einer kombinierten Störung von Phosphat-, Glucose- und Aminosäureresorption in den Nieren verbunden. Folgen einer Hypophosphatämie sind Wachstumsstörungen, Skelettdeformationen sowie Rachitis (mit gestörter Knochenmineralisation).

Wegen der beschriebenen Zusammenhänge zwischen Calcium und Phosphaten sollte nicht nur im Wachstumsalter für eine ausgewogene Calcium- und Phosphoraufnahme gesorgt werden. Bei Erwachsenen ist ein Ca/P-Verhältnis von 1 : 1 bis 1 : 1,5 anzustreben. Die tägliche Nahrung sollte mindestens 800 mg Phosphor enthalten. Nach neueren Untersuchungen verschieben sich die Verhältnisse eher zu einer überhöhten Phosphoraufnahme. Die Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung differenzieren nach dem Lebensalter: Für Säuglinge (mit noch unreifer Niere) ist das Ca/P-Verhältnis von 2,4 : 1 in der Muttermilch optimal. Im Alter von 1 bis 6 Jahren liegt der Bedarf bei 500 bis 600 mg P/Tag, bis 18 Jahre dann bei 1250 mg. Erwachsene benötigen etwa 700 mg. Mangelerscheinungen können in seltenen Fällen durch die Einnahme von Puffersubstanzen gegen Magensäure auftreten. Sie äußern sich in einer Muskelschwäche infolge geringer Erregbarkeit.

Im Wesentlichen wird die durchschnittliche Gesamt-P-Aufnahme in Deutschland durch Fleisch, Milch und Milchprodukte, Brot und Backwaren gedeckt (s. Tabelle). Von der Lebensmittelindustrie werden Phosphate auch für verschiedene technologische Zwecke zugesetzt - als Schmelzsalze bei der Herstellung von Schmelzkäse, als Bestandteil von Backpulvern, als Stabilisatoren ganz allgemein, in Getränken als Phosphorsäure (wie Cola-Getränken), zur Wasserbindung in Wursterzeugnissen. Phosphate verbessern die Schlagfähigkeit von Sahne und stabilisieren das Milcheiweiß in der Kondensmilch (vergleiche die Daten der Tabelle).

 

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Georg Schwedt, Technische Universität Clausthal, Institut für Anorganische und Analytische Chemie,

Paul-Ernst-Straße 4, 38678 Clausthal-Zellerfeld, E-Mail: georg.schwedt@tu-clausthal.de

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