Pharmazeutisches Recht

Qualitätsmanagementsystem

Richtlinie der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt für die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in Apotheken

Auf Grund von § 15 Abs. 6 KGHB-LSA (Gesetz über die Kammern für Heilberufe des Landes Sachsen-Anhalt) vom 13.07.1994 (GVBl. LSA S. 832), zuletzt geändert durch Nr. 141 der Anlage des Gesetzes vom 19.03. 2002 (GVBl. LSA S. 130, 144), i.V.m. Abschnitt III Nr. 3 des Beschlusses der Landesregierung über den Aufbau der Landesregierung Sachsen-Anhalt und die Abgrenzung der Geschäftsbereiche vom 09./23.07.2002 (MBl. LSA S. 779) hat die Kammerversammlung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt am 11.05.2005 folgende Neufassung der Richtlinie der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt für die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems vom 05.04.2000 (PZ vom 03.08.2000, S. 98), zuletzt geändert am 22.05.2002 (PZ vom 01.08.2002, S. 66) beschlossen.¹

§ 1 Qualitätsmanagement für Apotheken

(1) Zweck eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt für Apotheken ist: – Eine hohe Qualität der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu sichern und weiterzuentwickeln, – die Beratungsqualität über Arzneimittel, insbesondere in der Selbstmedikation, sicherzustellen und zu verbessern, – die Arzneimittelsicherheit, auch unter dem Aspekt des Verbraucher- und Patientenschutzes, zu erhöhen, – die gute pharmazeutische Betreuung von Patienten einzuführen und weiterzuentwickeln sowie – die fachlich hochstehende Berufsausübung in heilberuflicher Verantwortung konsequent weiterzuführen.

Dabei sind insbesondere 1. die Qualität des Apothekenbetriebes einschließlich seiner Dienstleistungen zu dokumentieren, 2. die Qualität der betriebsinternen Abläufe in der Apotheke unter Einbeziehung der Mitarbeiter zu sichern und zu verbessern 3. und die Qualitätsstandards bei pharmazeutischen Tätigkeiten wie z. B. Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, Information und Beratung über Arzneimittel sowie die Überprüfung der Arzneimittelvorräte in Krankenhäusern zu beachten.

(2) Die Teilnahme am Zertifizierungsverfahren der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ist freiwillig.

§ 2 Zertifizierungsstelle, Zertifizierungskommission

(1) Zertifizierungsstelle ist die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Sie errichtet eine Zertifizierungskommission.

(2) Die Zertifizierungskommission wird durch den Vorstand der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt berufen.

Ihr müssen angehören: – mindestens zwei im Qualitätsmanagement erfahrene Apotheker – mindestens ein Mitarbeiter der Kammergeschäftsstelle Der Zertifizierungskommission darf nicht angehören, wer dem Vorstand angehört oder die Auditierung der antragstellenden Apotheke (§ 3) durchführt. Soweit Mitglieder der Zertifizierungskommission nicht der Kammergeschäftsstelle angehören, sind sie ehrenamtlich tätig und erhalten eine Aufwandsentschädigung nach § 22 der Hauptsatzung.

(3) Die Zertifizierungskommission wählt ihren Vorsitzenden mit einfacher Mehrheit. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere die Beschlussfähigkeit, die Form der Beschlüsse, die Leitung und Vertretung bei ihrer Tätigkeit und die Delegierung von Befugnissen an Gremien oder Einzelpersonen geregelt werden.

(4) Die Mitglieder der Zertifizierungskommission haben ihre Tätigkeit gewissenhaft und unparteiisch auszuüben. Sie haben, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, über die ihnen bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren, dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

§ 3 Auditoren

(1) Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt bedient sich Auditoren, um in der Apotheke zu überprüfen, ob das Qualitätsmanagementsystem umgesetzt wird und um sachliche Hinweise zur Weiterentwicklung und Optimierung des Qualitätsmanagementsystems zu geben.

(2) Die Auditoren werden durch den Vorstand der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt berufen und vertraglich zur Einhaltung der für die Auditierung festgelegten Regelungen verpflichtet. Sie müssen Apotheker sein und Kenntnisse des Qualitätsmanagements und dessen Überprüfung nachweisen. Der Nachweis kann durch erfolgreiche Teilnahme an einem von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt anerkannten Schulungsseminar erfolgen.

(3) § 2 Abs. 4 gilt für die Auditoren entsprechend.

§ 4 Voraussetzungen zur Zertifizierung einer Apotheke

(1) Die Apotheke wird auf Antrag zertifiziert, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Der Apothekenleiter oder ein approbierter Mitarbeiter der Apotheke muss an einer Schulung für ein Qualitätsmanagementsystem nach den Regelungen dieser Richtlinie teilgenommen haben. Die Schulung wird von einer von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt betrauten Institution abgehalten. Die Schulung darf bei Erstzertifizierung nicht länger als 3 Jahre, gerechnet vom Zeitpunkt der Einreichung, zurückliegen.

2. In der Apotheke muss ein Handbuch erarbeitet werden, das individuell für die Apotheke Prozesse von Betriebs- und Handlungsabläufen beschreibt. Es muss mindestens die Beschreibung der in der Anlage dieser Richtlinie festgelegten Prozesse enthalten. Zur Erarbeitung des Handbuches werden von der Apothekerkammer Qualitätszirkel organisiert.

3. Das von der Apotheke erstellte Handbuch muss von der Zertifizierungskommission anerkannt worden sein.

4. Ein von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt beauftragter Auditor muss die Apotheke begangen und der Zertifizierungskommission bestätigt haben, dass die Apotheke ein Qualitätsmanagementsystem nach den Vorschriften dieser Richtlinie eingeführt hat und die im Handbuch niedergelegten Regelungen anwendet.

5. Der Vorstand der Apothekerkammer entwickelt die Anlage dieser Richtlinie unter besonderer Berücksichtigung der in § 1 Abs. 1 genannten Ziele weiter. Qualitätsstandards sind zu berücksichtigen.

(2) Der Antrag auf Zertifizierung ist schriftlich unter Beifügung einer Kopie des Handbuches gemäß Absatz 1 Nr. 2 an die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt zu richten. Außerdem ist in dem Antrag die Person zu benennen, die für die Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagements und für das jährliche interne Audit i. S. v. § 5 Abs. 3 Nr. 2 verantwortlich ist.

§ 5 Zertifizierungsverfahren, Rezertifizierung

(1) Über den Antrag entscheidet die Zertifizierungskommission. Wenn die Voraussetzungen nach § 4 erfüllt sind, wird der Apotheke eine Urkunde ausgestellt. Darin wird ihr bescheinigt, dass ihr Qualitätsmanagementsystem den Voraussetzungen dieser Richtlinie genügt, die auf den von der Bundesapothekerkammer entwickelten Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem deutscher Apotheken beruhen. Damit ist sie berechtigt, das Qualitätszertifikat der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt zu führen.

(2) Die Zertifizierung gilt für die Dauer von 3 Jahren.

(3) Die Apotheke wird auf Antrag jeweils für 3 Jahre rezertifiziert, wenn 1. das Handbuch den zur Zeit der Antragstellung auf Rezertifizierung geltenden Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und die Prozessbeschreibungen und Qualitätsstandards soweit erforderlich aktualisiert wurden und 2. ein von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt beauftragter Auditor die Apotheke begangen hat und bescheinigt, dass die Apotheke die im Handbuch niedergelegten Regelungen anwendet sowie der im Betrieb für die Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagementsystems Verantwortliche einmal jährlich eine entsprechende Prüfung vorgenommen und dokumentiert hat.

§ 6 Rücknahme, Widerruf, Rechtsmittel

(1) Rücknahme und Widerruf einer Zertifizierung richten sich nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Die Zertifizierung kann insbesondere dann widerrufen werden, wenn festgestellt wird, dass die Mitarbeiter der Apotheke ungenügend über das Handbuch informiert sind, die internen Überprüfungen nicht durchgeführt worden sind oder offenkundig wird, dass im Handbuch aufgeführte Prozesse nicht umgesetzt werden. Vor der Entscheidung ist der Apothekenleiter zu hören. Außerdem ist im Falle des Widerrufs vor der Entscheidung eine erneute Begehung der Apotheke durch einen von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt beauftragten Auditor zu veranlassen, soweit nicht die besonderen Gründe des Einzelfalles dies als unbegründet erscheinen lassen.

(2) Im Falle eines Inhaberwechsels hat der neue Inhaber die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4.1. sicherzustellen und gegenüber der Zertifizierungsstelle zu erklären, dass er das QM-System weiterbetreibt.

(3) Gegen Entscheidungen der Zertifizierungskommission kann Widerspruch eingelegt werden. Über den Widerspruch entscheidet der Vorstand der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt.

§ 7 Gebühren

Für das Zertifizierungsverfahren werden Gebühren erhoben. Das Nähere regelt die Kostenordnung.

§ 8 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 01.06.2005 in Kraft. 

G. Haese, 
Präsident

Anlage zur Richtlinie der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt für das Qualitätsmanagementsystem der Apotheken

In dem Handbuch gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie sind die nachfolgenden Themen/Tätigkeitsbereiche mindestens im angegebenen Umfang zu beschreiben:

1. Qualitätspolitik (Festlegung von Prozessen/Weiterentwicklung des QMS – mindestens 2 Prozesse und Leitbild) – Unternehmensziele, -philosophie (Leitbild)* – Festlegung von Prozessen – Weiterentwicklung des QMS – Auswertung von Kennzahlen zur Bewertung der fachlichen Qualität erbrachter Leistungen** – Qualitätsbeauftragte/r, Internes Audit*

2. QMS-Handbuch (mindestens 1 Prozess) – Einordnung und Gliederung von Prozessen (Handbuchsystematik)* – Prozesserstellung* – Prozessänderung* – Dokumentation, Umgang mit bzw. Steuerung von Dokumenten

3. Hygieneplan/-management – Anforderung an Betriebsräume / Personal

4. Pharmazeutische Tätigkeiten (mindestens 5 Prozesse) - Herstellung von Arzneimitteln – Prüfung von Arzneimitteln – Prüfung und Lagerung von Ausgangsstoffen, Primärpackmitteln und Fertigarzneimitteln – Abgabe von Arzneimitteln – Information und Beratung* – Auswertung von Fortbildungsveranstaltungen zur Aktualisierung innerbetrieblicher fachlicher Vorgaben – Auswahlkriterien für Fertigarzneimittel zur Empfehlung in der Selbstmedikation – Pharmazeutische Betreuung – Serviceleistungen im Rahmen des Hausapothekenmodelles (z. B. Medikationsprofile) – Herstellung spezieller Arzneiformen, zum Beispiel Zytostatika, antibiotikahaltige Zubereitungen oder Lösungen zur enteralen bzw. parenteralen Ernährung*** – Beschaffung und Bewertung pharmazeutischer Informationen

5. Dienstleistungen (mindestens 2 Prozesse) – Ernährungsberatung – Belieferung von Rezeptsammelstellen – Durchführung physiologisch-chemischer Untersuchungen, – Verleih von Geräten – Botendienste – werden Heime bzw. Krankenhäuser beliefert, ist dies zusätzlich im QM-Handbuch zu beschreiben, wobei sowohl die Belieferung, als auch die Überprüfung der AM-Vorräte geregelt sein müssen.

6. Personal/Betriebsorganisation (mindestens 5 Prozesse und Stellenbeschreibungen) – Stellenbeschreibungen (Aufgabenprofile) der Mitarbeiter*, Vertretungsplan – Ermittlung betriebsspezifischer Kennzahlen zur Bewertung der fachlichen Qualität erbrachter Dienstleistungen:** beispielsweise:

  • Ringversuche zur Bewertung der Qualität von in der Apotheke hergestellten Rezepturen (z. B. ZL)
  • Ringversuche zur Bewertung der Ergebnisse diagnostischer Dienstleitungen (Cholesterin/Blutzucker)
  • Dokumentation und Auswertung der erbrachten Beratungsleistungen (AM-Sicherheit, Häufigkeitsliste)
  • Prüfung der Beratungsqualität durch externe Begutachtung (PseudoCustomer)
  • Sicherstellung der regelmäßigen und umfassenden fachlichen Fortbildung (Zertifikat) für das pharmazeutische Personal – Bestimmung des Schulungsbedarfes, Festlegung und Dokumentation von Schulungsmaßnahmen (Aus-, Fort- und Weiterbildung) – Einarbeitung neuer Mitarbeiter/Vertretungen – Interner Informationsfluss und Kommunikation – Informationsverarbeitung und Dokumentation (z. B. gemäß ApBetrO: AMK-Informationen, Tierarzneimittel, Importe; Transfusionsgesetz) – Prüfgeräte, Aktualisierung der wissenschaftlichen Hilfsmittel – Beschaffung und Pflege von Geräten (Bedienungsanleitungen, Wartungsdienst: EDV, Prüfgeräte) – Sofern die Apotheke ausbildet, muss dieser Bereich beschrieben sein – Sofern die Apotheke Weiterbildungsstätte ist, muss dieser Bereich beschrieben sein – Verhalten bei Havarien – Beschwerdemanagement

7. Warenwirtschaft (mindestens 3 Prozesse) – Bestellung – Wareneingang – Lagerkontrolle (Prüfung von Verfalldaten) – Entsorgung von Altarzneimitteln – Umgang mit Reklamationen – Umgang mit Lieferanten, Pharmaberatern – Lieferantenbewertung

8. Versandhandel*** Für den Bereich des Internet-Angebotes ist, sofern nicht bereits gesetzlich vorgeschrieben, zu regeln: – Beschaffung und Bewertung von fachlichen Informationen (Quellenverwaltung, Validierung) – Erstellung von Produktinformationen (wirtschaftlich und fachlich) – Erfassung, Dokumentation und Weiterleitung von Informationen zur Arzneimittelsicherheit – Verarbeitung patientenbezogener Informationen, Datenschutz – Regelmäßige Überarbeitung der angebotenen Informationen – Pflege und Kontrolle der eingestellten Informationen

Im Falle einer Delegierung der Internet-Funktionen an einen Drittanbieter muß dieser die Absicherung der Forderungen in einem eigenen QM-System gewährleisten. Die Eignung des Systems muß im Rahmen der Lieferantenbewertung überprüft werden. Da die Verantwortlichkeit beim Apotheker bleibt, ist von der Apotheke zumindest die regelmäßige Überwachung der Erfüllung der o.g. Forderungen zu regeln (= Kontrolle und Auswertung,).

allgemein: – Beratung/Bereitstellung von Produktinformationen* – Bestellungsannahme/Versand* – Sendungsverfolgung/Zustellkontrolle* – Bearbeitung von Rückfragen (Dokumentation?) – Retourenbearbeitung/Beschwerdemanagement* – AM-Risikomanagement (Melde- und Nachschlagemöglichkeiten)*

Notwendige Dokumentationen – Sendungsverfolgung und Zustellungskontrolle * – Risikomeldungen und deren Weiterleitung* – Informations-/Quellenverwaltung für Internet-Informationen*

 

mit * gekennzeichnete Punkte müssen vorhanden/beschrieben sein. mit ** gekennzeichnete Punkte müssen bei der Rezertifizierung vorhanden/beschrieben sein mit *** gekennzeichnete Punkte müssen beschrieben sein, sofern die Leistung von der Apotheke angeboten/durchgeführt wird

Fußnote ¹ Soweit in dieser Mustersatzung maskuline Formen verwendet werden: Apotheker, Mitarbeiter und andere, geschieht dies aus Vereinfachungsgründen, ohne hiermit diskriminierend wirken zu wollen, und schließt die feminine Form ein.

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