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In Deutschland wird weiter für Zigaretten geworben

BERLIN (ks). Seit dem 1. August gilt ein EU-weites Tabakwerbeverbot: Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Internet und Groß-Sportereignisse wie die Formel 1 sollen künftig frei von Tabakwerbung sein. Deutschland hat die EU-Vorgaben allerdings noch nicht in nationales Recht umgesetzt – die unionsregierten Länder wollten einem Gesetzentwurf aus dem Verbraucherministerium nicht zustimmen und so darf hierzulande vorerst weiter für den blauen Dunst geworben werden. Zudem klagt die Bundesrepublik gegen die europäische Regelung. Sie ist der Auffassung, dass der EU in diesem Bereich die Zuständigkeit fehlt.

Die Bundesregierung hatte das EU-Verbot inhaltlich begrüßt und die Umsetzung Mitte Mai im Kabinett beschlossen. Allerdings beschloss der unionsdominierte Bundesrat am 8. Juli eine ablehnende Stellungnahme zum nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf und verzögerte damit aus Sicht des Verbraucherschutzministeriums das Gesetzgebungsverfahren. Eine Abstimmung im Bundestag vor den Neuwahlen ist nun nicht mehr möglich.

Die Vorsitzende des Bundestagsauschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Herta Däubler-Gmelin (SPD, nannte es einen "Skandal", dass das Verbot an der Union zu scheitern drohe. Es bestehe der Verdacht, dass die Union "für Lobby und Druck aus der Wirtschaft noch viel zugänglicher ist", sagte die Ex-Justizministerin am 1. August im Deutschlandradio. Sie selbst begrüßte das Tabakwerbeverbot und betonte, dass die Klage der Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) rein juristisch begründet sei. Der Bereich Wirtschaft sei Sache der EU, die Gesundheit falle dagegen in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedsstaaten. Nur gegen den Eingriff in ihre Rechte habe die Bundesregierung vor dem EuGH geklagt.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Hartmut Nassauer, begrüßte hingegen am selben Tag im Deutschlandradio, dass das EU-Verbot in Deutschland nicht in Kraft tritt. Die EU habe keine Zuständigkeit für Tabakwerbung, erklärte Nassauer. Zudem wachse "sich in der Kommission ein Geist aus, der mehr bevormundend ist als hilfreich". Man könne die Menschen nicht vor allem bewahren, was gesundheitsschädlich sei, so der Europapolitiker.

Die Entscheidung des EuGH wird für Ende des Jahres erwartet. Wie sie ausfallen wird, bleibt vorerst offen. Die Bundesrepublik hatte schon einmal, im Jahr 2000, erfolgreich vor dem EuGH gegen ein Tabakwerbeverbot geklagt.

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