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"Das Fremdbesitzverbot fällt in fünf Jahren"

BAD HOMBURG (sem/diz). Es gibt zu viele Apotheken, in fünf Jahren wird es rund 4000 Apotheken weniger geben, außerdem fällt das Fremdbesitzverbot in drei bis fünf Jahren – das sind Kernaussagen einer Befragung der Sempora-Consulting von Marktteilnehmern.

Eineinhalb Jahre nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) haben sich die wesentlichen Marktteilnehmer nur teilweise auf die neuen Marktbedingungen eingestellt. Bei der Arzneimitteldistribution stehen jetzt neuen Spielregeln im Vordergrund: Mehrbesitz von Apotheken, Apothekenkooperationen, freikalkulierbare OTC-Medikamente, Versandapotheken und Margen- bzw. Ertragsdruck kennzeichnen den Markt. Doch welche weiteren Veränderungen werden erwartet? Vor diesem Hintergrund hat die Strategieberatung Sempora Consulting 174 Apotheken, 62 Pharmahersteller, 36 Versandapotheken, 18 Krankenkassen und 168 Verbraucher (Patienten) zu Einschätzungen in Bezug auf weitere Marktveränderungen befragt. Die Befragung wurde im Zeitraum April bis Juni 2005 durchgeführt. Die Aussicht auf Neuwahlen im Herbst hat die Antworten nicht beeinflusst.

Wie aus der Befragung hervorgeht, erwarten die Marktteilnehmer, dass Apothekenkooperationen und Versandapotheken weiter an Bedeutung gewinnen werden. Das Fremdbesitzverbot, so die Einschätzung der Befragten, fällt in drei bis fünf Jahren – dies würde Apothekenketten ermöglichen. Die OTC-Preise – und damit die Margen von Handel und Industrie – werden weiter unter Druck geraten, die Bedeutung von Generika wird ebenfalls weiter ansteigen.

In fünf Jahren erwarten die Befragten ca. 4000 Apotheken weniger. Der Verbraucher ist mit der Leistung der Apotheke zufrieden (Schulnote 2,2). 50% der befragten Verbraucher finden jedoch die Medikamentenpreise zu hoch. Einen Erfolg der Gesundheitspolitik sieht der Verbraucher nicht (Schulnote 3,6). "13% der Verbraucher geben der Gesundheitspolitik eine 5 und 32% eine 4", so Tobias Brodtkorb, Managing Partner der Sempora Consulting.

Kooperationen sind beim Verbraucher nicht bekannt

"69% der befragten Apotheker haben sich einer Apothekenkooperation angeschlossen, doch leider sind die Kooperationen beim Verbraucher gar nicht bekannt", resümiert Brodtkorb. Bei den Versandapotheken verfügt nur der holländische Wettbewerber DocMorris über eine Bekanntheit beim Konsumenten (18%). Interessant ist auch, dass 88% der befragten Apotheken sich dem Barmer Hausapothekenmodell angeschlossen haben. "Wenn jedoch alle Apotheken Teil des Programms sind, verpufft der Wettbewerbsvorteil für die einzelne Apotheke", folgert Brodtkorb.

81% der befragten Apotheken, die mehr als eine Apotheke betreiben, berichten, dass sie durch den Mehrbesitz Einkaufsvorteile realisieren können. Auch die Versandapotheken erzielen Einkaufsvorteile. Prekär ist in diesem Zusammenhang, dass für 70% der Pharmahersteller das Potenzial des Versandhandels nicht transparent ist.

Marktstrategien der Hersteller ungenügend

Die Pharmahersteller gehen davon aus, dass die Apothekensegmentierung und -betreuung sich in den nächsten Jahren maßgeblich verändern wird. 78% der Pharmahersteller erwarten, dass die Außendienstmannschaften verkleinert werden müssen. Zusätzlich muss das Preisgefüge gegenüber der Apotheke und dem Großhandel neu ausgerichtet werden.

"30% der Hersteller geben zu, ihre Marktbearbeitung noch nicht auf die Zukunft ausgerichtet zu haben", so Brodtkorb, "der Markt wird schneller und die Veränderungen größer, aber viele Anbieter verharren in der Vergangenheit und werden zu den Verlierern im Markt gehören. "Es ist erschreckend, dass die Marktteilnehmer sich ungenügend auf die Zukunft ausrichten und eher reagieren statt agieren", so Brodtkorb, "zusätzlich überwiegt Aktionismus und Strategien scheinen zu fehlen."

Weitere Veränderungen der Arzneimitteldistribution sind zu erwarten, so die einhellige Meinung aller Befragten

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