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Die Versorgungssicherheit soll verbessert werden

(diz). Der Vorstoß von Pfizer stößt bei Apothekern und Pharmagroßhändlern auf Skepsis und Unverständnis. Warum will das Unternehmen zurück zur Direktbelieferung? Warum will das Unternehmen eine vollkommene Transparenz über den Warenfluss und alle wirtschaftlichen Daten? Was bezweckt das Unternehmen wirklich mit diesem Papier? Wir sprachen mit Michael Klein, Geschäftsführer Recht & Corporate Affairs der Pfizer Deutschland GmbH.

 

DAZ:

Bisher funktioniert die Kette der Arzneimittelversorgung in Deutschland – Hersteller, Großhandel, Apotheke – schnell, reibungslos, sicher und kostengünstig. Die Patienten können ihr Arzneimittel meist sofort (wenn nicht vorrätig in wenigen Stunden) in ihrer Apotheke beziehen. Auch das Problem der Einschleusung von Fälschungen ist bei dieser lückenlosen Kette nicht gegeben. Es gibt also keinen Grund zu einer Änderung. Warum der Vorstoß von Pfizer zur modifizierten Direktbelieferung?

Klein:

Das System der Arzneimittelversorgung in Deutschland vom Hersteller über den Großhandel zur Apotheke hat sich bewährt. Es wird durch das von Pfizer beabsichtigte neue Kooperationsmodell mit dem pharmazeutischen Großhandel nicht in Frage gestellt, sondern hinsichtlich der Versorgungs- und Patientensicherheit optimiert. Die deutsche Apothekerschaft und Pfizer beobachten seit Jahren mit Sorge die steigende Zahl von Defekten bei Bestellungen bestimmter Arzneimittel durch den Großhandel. Obwohl Pfizer den deutschen Markt deutlich über Bedarf mit Arzneimitteln versorgt, haben die Beschwerden aus Apotheken über Defekte zugenommen.

Auch die Gefahr von Arzneimittelfälschungen ist signifikant gestiegen. Der internationale Zwischenhandel mit Arzneimitteln erschwert die Nachverfolgung von Arzneimittellieferungen und öffnet damit Einfallstore für gefälschte Ware, die selbst der Fachmann ohne Analyse nicht auf den ersten Blick von Originalware unterscheiden kann. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus England: Dort gelangte gefälschtes Sortis (engl. Handelsname Lipitor) in die Handelskette. Durch das von Pfizer geplante neue Kooperationsmodell mit dem Großhandel wird die Lieferkette gestärkt. Die Verfügbarkeit der Originalware für den Patienten in seiner Apotheke verbessert sich deutlich.

DAZ:

Aber das Pfizer-Papier zur Direktbelieferung verändert das bisherige System Hersteller – Großhandel – Apotheke doch erheblich. Der Großhandel bzw. – wie Pfizer es nennt – ein Partner wird aufgrund seiner logistischen Leistung und für die von ihm verlangten Tätigkeiten von Pfizer bezahlt. Was ist der tiefere Sinn dieser Strukturänderung?

Klein:

Das neue Kooperationsmodell von Pfizer mit dem Großhandel lässt die Lieferkette im wesentlichen unverändert. Apotheken erhalten auch in Zukunft Pfizer-Arzneimittel über den Großhandel mehrmals täglich, schnell und zuverlässig. Durch die transparentere Anbindung des Großhandels in die Vertriebsstruktur von Pfizer kann sichergestellt werden, dass alle Lieferungen von uns den direkten Weg in die Apotheke nehmen. Dadurch können Defekte in der Apotheke vermieden werden. Zugleich werden mögliche Einfallstore für Arzneimittelfälschungen geschlossen.

DAZ:

Was soll die Auswahl von bestimmten Partnern? Warum keine generelle Belieferung aller Großhandlungen wie bisher?

Klein:

Unser Ziel ist es, mit einer für die flächendeckende Versorgung ausreichenden Zahl an Vertriebspartnern zusammenzuarbeiten. Jede Apotheke wird weiterhin die Auswahl unter mehreren Großhändlern für den Bezug von Pfizer-Arzneimitteln haben.

DAZ:

Das RfP-Papier spricht sicher bewusst von "Partner" und nicht von "Großhandel". Ist vorgesehen, die Arzneimittellieferung am Großhandel vorbei z. B. mithilfe eines anderen Logistikunternehmens, das die Anforderungen von Pfizer erfüllt, durchzuführen?

Klein:

Ziel von Pfizer ist, eine Verbesserung der Versorgungssicherheit mit möglichst geringen Änderungen in der Lieferkette zu erreichen. Daher ist der Großhandel auch weiterhin unser bevorzugter Ansprechpartner.

DAZ:

Ist sich Pfizer im Klaren, dass dies einerseits bei den Partnern, sprich Großhandlungen, zu einem Mehraufwand beim Handling von Pfizer-Produkten führt? Desgleichen entsteht auch ein Mehraufwand in der Apotheke, da sie die Pfizer-Produkte womöglich nicht mehr von jedem Großhandel geliefert bekommt, zum andern aber auch die Fakturierung gesondert vornehmen muss. Was sollte einen Partner, sprich Großhandel, dazu veranlassen, diesen Mehraufwand im Namen von Pfizer zu betreiben? Konkret: was hat der Großhandel davon? Und was hat die Apotheke davon? Gestaltet sich das Modell letztlich nicht so, dass lediglich Pfizer mehr Informationen und Transparenz über den Warenfluss erhält, während Partner und Apotheken dafür einen Mehraufwand treiben müssen – keine win-win-Situation, oder?

Klein:

Die zunehmenden Beschwerden der Apothekerschaft über Lieferprobleme zeigen, dass Handlungsbedarf besteht. Für die Apotheke ist Lieferunfähigkeit mit einem nicht unerheblichen Mehraufwand verbunden und belastet vor allem die Beziehung zum Patienten. Eine Verbesserung der Lieferfähigkeit ist daher auch im Interesse der Apothekerschaft. Auch in Zukunft werden alle Apotheken mit Pfizer-Arzneimitteln beliefert. Durch unser neues Kooperationsmodell soll die Versorgungssicherheit verbessert und nicht eingeschränkt werden. Die Apotheker erhalten vergleichbare Einkaufskonditionen zu heute. Wie bereits erwähnt, sehen wir einen Nutzen für den Apotheker in der Steigerung der Sicherheit gegen Arzneimittelfälschungen sowie der sichergestellten Produktverfügbarkeit für den Patienten. Einzelne Großhändler haben bereits signalisiert, dass sie auf ein wie von uns geplantes Vertriebsmodell technisch vorbereitet sind.

DAZ:

Warum will Pfizer sich vorbehalten, Aufträge von Apotheken freizugeben bzw. sie zu blockieren? Was könnten Gründe sein, die Aufträge zu blocken?

Klein:

Wie in jeder normalen Geschäftsbeziehung üblich, behält sich Pfizer eine Bonitätsklausel vor. Sollten Außenstände über einen längeren Zeitpunkt von einer Apotheke nicht beglichen werden, würden weitere eingehende Bestellungen dieser Apotheke geprüft werden.

DAZ:

In Spanien ist das Modell dem Vernehmen nach bereits gescheitert. Warum sollte es in Deutschland funktionieren?

Klein:

Die Umstellung auf das neue Modell in Spanien ist nicht gescheitert, Pfizer hat sein Vertriebsmodell erfolgreich angepasst. Die Versorgungssysteme der beiden Länder weisen deutliche Unterschiede auf, so dass ein Vergleich schwierig ist. Das in Deutschland geplante neue Kooperationsmodell unter Einbeziehung des Großhandels verbessert die Versorgungssicherheit im Interesse von Patienten und Apothekerschaft und erhält die bewährte Struktur der Lieferkette vom Hersteller über den Großhandel zum Apotheker. Wir gehen daher von einer erfolgreichen Umsetzung des neuen Modells in Deutschland aus.

DAZ:

Herr Klein, vielen Dank für das Gespräch.

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