Arzneimittel und Therapie

Bei früher Parkinson-Krankheit MAO-B-Hemmer?

Eine Metaanalyse erfasste randomisierte Studien, die bei Patienten im Parkinson-Frühstadium einen MAO-B-Hemmer mit Plazebo oder Levodopa verglichen hatten. Die Mortalität war mit und ohne MAO-B-Hemmer vergleichbar. Behinderungsgrad, Levodopa-Bedarf und motorische Fluktuationen sanken mit dem MAO-B-Hemmer Selegilin.

Dopamin wird durch die Monoaminoxidase B (MAO B) abgebaut. Da Hemmstoffe der Monoaminoxidase B der Dopamin-Verarmung des Striatums entgegenwirken, können sie bei der Parkinson-Krankheit eingesetzt werden. In Deutschland ist als einziger MAO-B-Hemmer Selegilin (z.B. Amindan®, Antiparkin®, Movergan®, Xilopar®) zugelassen.

Nachdem die DATATOP-Studie auf eine mögliche neuroprotektive Wirkung von Selegilin hingewiesen hatte, nahm das Antiparkinsonmittel in den 80er Jahren einen rasanten Aufschwung. Dieser endete, als im Jahr 1995 eine Studie der Parkinson's Disease Research Group in Großbritannien (UK-PDRG) eine gegenüber Levodopa um 57% erhöhte Mortalität unter der Kombination von Selegilin und Levodopa zeigte.

Die Metaanalyse

In einer Metaanalyse wurden jetzt Nutzen und Risiken von MAO-B-Hemmern im Parkinson-Frühstadium untersucht. Dabei wurde mit einer Datenbankrecherche von 1966 bis 2003 und einer Literaturrecherche nach randomisierten Studien gesucht, in denen bei früher Parkinson-Krankheit ein MAO-B-Hemmer allein oder zusammen mit Levodopa mit Plazebo und/oder Levodopa verglichen wurde. Als früh galt eine idiopathische Parkinson-Krankheit ohne motorische Komplikationen, die nicht oder nur zeitlich beschränkt (meist weniger als ein Jahr) mit Antiparkinsonmitteln behandelt worden war.

Zwei unabhängige Gutachter extrahierten die Daten zu Mortalität, vom Arzt beurteiltem Behinderungsgrad, Levodopa-Bedarf, Häufigkeit motorischer Komplikationen, Nebenwirkungen und Therapieabbrüchen, ein dritter Gutachter bestätigte die Daten. Die Ergebnisse wurden gepoolt und für mit MAO-B-Hemmern Behandelte und Unbehandelte gegenübergestellt.

17 Studien, davon 12 Plazebo-Vergleiche

17 Studien mit 3525 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien der Metaanalyse, 13 mit Selegilin, drei mit Lazabemid und eine mit Rasagilin. Die Behandlung dauerte sechs Wochen bis zehn Jahre; in sieben Studien wurden die Patienten länger als 1,5 Jahre beobachtet. Zwölf Studien verglichen einen MAO-B-Hemmer mit Plazebo. Eine Studie enthielt einen doppelten Vergleich: Selegilin versus Plazebo sowie Selegilin plus Levodopa versus Levodopa.

Keine erhöhte Mortalität

Neun Selegilin-Studien und eine Lazabemid-Studie enthielten Angaben zur Mortalität. In der UK-PDRG-Studie waren im Selegilin-plus-Levodopa-Arm 28% (76 von 271) und im Levodopa-Arm 18% (44 von 249) der Patienten gestorben. Diese Studie galt als "Hypothese-erzeugend" (gemeint ist die Hypothese der erhöhten Mortalität bei Parkinson-Patienten unter MAO-B-Hemmern). In allen übrigen Studien traten im Behandlungsarm nicht mehr Todesfälle auf als im Kontrollarm. Insgesamt betrug die Odds-Ratio für die Mortalität unter MAO-B-Hemmern 1,13. Es bestand also kein signifikanter Unterschied in der Mortalität mit MAO-B-Hemmern behandelter und unbehandelter Patienten.

Vorteile des MAO-Hemmers

Sechs Selegilin-Studien machten Angaben zum vom Arzt beurteilten Behinderungsgrad. Nach drei Monaten Behandlung hatten Patienten mit Selegilin auf der Unified Parkinson's Disease Rating Scale gegenüber Patienten ohne Selegilin Verbesserungen um 2,7, 1,8 und 0,9 Punkte beim Gesamtpunktwert, dem motorischen Punktwert und dem Punktwert für Alltagsaktiviäten erzielt. Acht Studien zum Vergleich von MAO-B-Hemmer und Plazebo enthielten Daten zum Levodopa-Bedarf. Der Levodopa-Verbrauch nahm signifikant ab.

Zwei Studien, in denen Selegilin plus Levodopa mit Levodopa verglichen wurde, ergaben eine um durchschnittlich 67 mg geringere Levodopa-Dosis in der Kombinationsgruppe. Fünf Studien zufolge kamen motorische Fluktuationen im Behandlungsarm um 25% seltener vor als im Kontrollarm. Dyskinesien waren aber genauso häufig (Odds-Ratio 0,97).

Nebenwirkungen häufiger

Nebenwirkungen traten mit MAO-B-Hemmern häufiger auf als ohne (Odds-Ratio 1,36), Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen ebenfalls (Odds-Ratio 2,16). Insgesamt war die Zahl der Therapieabbrüche aber vergleichbar (Odds-Ratio 1,06).

Fazit

Demnach senken MAO-B-Hemmer (in erster Linie Selegilin) im Parkinson-Frühstadium den Behinderungsgrad, den Levodopa-Bedarf und die motorischen Fluktuationen, ohne dass die Mortalität steigt.

Unklar bleibt allerdings

  • ob Daten zur MAO-B-Hemmer-Monotherapie und zur Kombinationstherapie mit Levodopa gepoolt werden dürfen;
  • ob der Nutzen der Behandlung von klinischer Bedeutung ist;
  • ob die Wirksamkeit dem Vergleich mit anderen Antiparkinsonmitteln, insbesondere dopaminergen Agonisten, standhält.

 

Susanne Wasielewski, Münster

 

Dopaminspiegel im Gehirn erhöhen

Beim Morbus Parkinson fehlt dem Gehirn der Transmitter Dopamin, der benötigt wird, um die Bewegungen des Körpers zu kontrollieren. Im normalen Gehirnstoffwechsel wird Dopamin ständig produziert, gespeichert und von der Monoaminooxidase B (MAO-B) auch wieder abgebaut. Beim Parkinson ist die Dopamin-Bildung reduziert, der Abbau durch MAO-B bleibt aber gleich, daher kommt es nach kurzer Zeit zu einem Dopamin-Mangel. Steifheit der Muskulatur (Rigor), Zittern (Tremor) und Verlangsamung der Bewegung (Akinese) sind die Folge.

Monoaminooxidase-Hemmer können bei erstmalig diagnostizierter Erkrankung als Monotherapie angewendet werden oder in Kombination mit Levodopa. Durch Selegilin wird die für den Dopaminabbau vorzugsweise verantwortliche Monoaminooxidase B (MAO-B) im Gehirn selektiv gehemmt. Außerdem verhindert Selegilin die präsynaptische Wiederaufnahme von Dopamin. Die Bindung des Selegilins an MAO-B ist irreversibel. Die Hemmung lässt jedoch nach ein bis zwei Tagen durch die Neubildung von MAO-B nach.

Eine klinisch signifikante Hemmung der intestinalen MAO-A, die zu einer gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber Tyramin führt (Cheese-Effekt mit Kopfschmerzattacken und plötzlichen Hochdruckkrisen), ist nur für Selegilinhydrochlorid- Dosen von über 20 mg/Tag nachgewiesen worden.

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