Arzneimittel und Therapie

Ins Schwarze getroffen?

Die FDA empfiehlt die Zulassung eines Arzneimittels speziell für eine einzige ethnische Gruppe (siehe DAZ Nr. 26, S. 40) und heftige Diskussionen entbrennen. An dem Umstand, dass ein Arzneistoff bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark wirken kann, ist eigentlich nichts Aufregendes. Auch wenn der Unterschied in der Hautfarbe liegt, wird eine mehr oder wenig große Effizienz als normal hingenommen. Jeder kennt die Alkoholintoleranz, die vor allem im asiatischen Raum auftritt, ebenso fehlt in Schwarzafrika den meisten Menschen das Enzym zur Spaltung des Milchzuckers. Es ist jedoch das erste Mal, dass die FDA eine Zulassung eines Arzneimittels (Bidil®, Kombination aus Hydralazin und Isosorbid-Dinitrat) bei Herzmuskelschwäche für eine ganz bestimmte ethnische Gruppe empfiehlt. Und schon schlägt das Gerede um Rassismus in der Medizin hohe Wellen. Zwei Fakten sollten bei dieser Diskussion nicht aus den Augen verloren werden:

Die der FDA-Empfehlung zugrunde liegende Studie wurde nur mit Probanden durchgeführt, die sich selbst als "Schwarze" bezeichnet haben – unabhängig von ihrer Herkunft und Abstammung. Dabei können aus genetischer Sicht zwei Menschen aus verschiedenen Kontinenten näher miteinander verwandt sein als Individuen einer spezifischen Gruppe, auch wenn sie z.B. eine unterschiedliche Hautfarbe haben. Oder andersrum: innerhalb einer schwarzen Population können größere Unterschiede im Erbgut bestehen als etwa im Vergleich mit Weißen. Daher lässt sich das Risiko für eine Erkrankung auch nicht aus der ethnischen Zugehörigkeit ablesen. Die beobachteten ethnischen Unterschiede bedeuten nur eine statistische Häufung, nicht mehr.

Zudem handelt es sich bei den Inhaltsstoffen von Bidil® um keine Innovation, keinen neuen Wirkstoff. Kritiker sehen im Vorgehen der Firma vor allem einen Marketing-Trick: seit den 80ern wird an Bidil® geforscht, seit Ende der 90er bemüht man sich um eine Zulassung seitens der FDA. Ohne Erfolg: die FDA sah keine statistisch nachweisbaren, positiven Effekte. Also wurde von der cleveren Firma zu einem fertigen Produkt eine Zielgruppe gesucht und gefunden – die Schwarzen. Warum das Präparat bei dieser ethnischen Gruppe bei der Behandlung von Herzversagen besser wirkt, kann bis heute niemand genau sagen. Es wird vermutet, dass Afroamerikaner einen niedrigeren NO-Gehalt im Blut aufweisen und deswegen von dem Präparat eher profitieren – bewiesen ist das aber nicht.

Und hier liegt die Herausforderung: Es ist leicht, zwischen Menschen aus verschiedenen Teilen der Erde Unterschiede in der äußeren Erscheinung zu erkennen, aber die zugrunde liegende genetische Variation selbst ist viel weniger ausgeprägt. Es sollte daher nicht auf die Hautfarbe gestarrt werden, Ziel muss es sein, herauszufinden, welche genetische Variation vorliegt, die dafür verantwortlich ist, dass der eine (Schwarze) auf ein Medikament anspricht und der andere dagegen nicht. Und diese würde vermutlich auch bei Patienten europäischer oder asiatischer Herkunft vorhanden sein, wenn auch vermutlich in geringerer Häufigkeit.

Carolina Kusnick

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