Arzneimittel und Therapie

Anwendungsbeschränkungen der Coxibe empfohl

Der wissenschaftliche Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA hat im Juni 2005 die Sicherheitsbewertung von Wirkstoffen aus der Gruppe der Coxibe abgeschlossen. Er empfiehlt, dass die Zulassung für das Arzneimittel Bextra® mit dem Wirkstoff Valdecoxib für ein Jahr ruht und das Arzneimittel in dieser Zeit nicht zur Verfügung steht.

Die Anwendung von Valdecoxib ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden und löst möglicherweise häufiger als die anderen Coxibe schwerwiegende Nebenwirkungen an der Haut aus. Vor allem dieses Risiko wurde zum jetzigen Zeitpunkt als unvertretbar angesehen, da es durch den belegten Nutzen nicht aufgewogen wird. Während des Ruhens der Zulassung besteht die Möglichkeit, in weiteren Untersuchungen und Bewertungen neue Informationen zur Sicherheit dieses Arzneimittels zu gewinnen.

  • für die anderen Coxibe (Celecoxib, Etoricoxib, Lumiracoxib sowie Parecoxib) sind weitgehende Anwendungsbeschränkungen beschlossen worden. In mehreren Abschnitten der Packungsbeilagen und Fachinformationen müssen die bisherigen Angaben verändert werden. Sie beziehen sich auf
  • die Gegenanzeigen, wonach Patienten mit ischämischen Herzerkrankungen, Schlaganfall und peripheren Durchblutungsstörungen Coxibe nicht anwenden dürfen,
  • Warnhinweise, die sich an die verordnenden Ärzte richten und auf Risikofaktoren hinweisen (u.a. Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, Rauchen), bei deren Vorliegen die Anwendung eines Coxibs die Gefahr kardiovaskulärer Komplikationen erhöhen kann,
  • Warnhinweise, die sich an Patienten und verordnende Ärzte richten und sich auf seltene, aber schwerwiegende, zum Teil tödlich verlaufende Hautreaktionen der Coxibe beziehen, sowie auf
  • Empfehlungen, dass die Coxibe nur in der niedrigsten wirksamen Dosierung verordnet und eingenommen werden sollen und auch nur solange, wie es medizinisch notwendig ist.

Nach der Marktrücknahme von Rofecoxib (Vioxx®) und Bekanntwerden mehrerer Studien, in denen ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko bei der Anwendung dieser Wirkstoffe belegt wurde, hatten die EMEA, der CHMP und die Arzneimittelbehörden der EU im November 2004 eine Neubewertung des kardiovaskulären Risikos und der Gefahr für die Auslösung schwerer Hautreaktionen initiiert. Die jetzigen Empfehlungen des CHMP müssen noch von der Europäischen Kommission in Entscheidungen, die in allen EU-Mitgliedstaaten bindend sind, umgewandelt werden. Mit diesen Empfehlungen bestätigt der CHMP seine vorläufige Bewertung vom Februar 2005 und die bereits damals im Rahmen einer dringenden Zulassungsänderung vorgenommenen Anwendungsbeschränkungen.

Risiko auch bei herkömmlichen Schmerzmitteln

Die Arzneimittelbehörden der EU-Mitgliedstaaten nehmen zurzeit auch eine Neubewertung der herkömmlichen Schmerz- und Rheumamittel wegen möglicher kardiovaskulärer Nebenwirkungen vor. Dazu gehören das Auftreten eines Bluthochdrucks und die Auslösung von Herzinfarkten und Schlaganfällen.

Nach der Marktrücknahme von Rofecoxib (Vioxx®) im September 2004, der Veröffentlichung von klinischen Studien mit dem Wirkstoff Celecoxib und mehrerer epidemiologischer Studien war nicht nur mehr über die Häufigkeit von Herz-Kreislauf- Komplikationen bei Anwendung dieser Wirkstoffe bekannt geworden, sondern auch die Frage gestellt worden, ob die herkömmlichen Schmerz- und Rheumamittel ebenfalls mit einem kardiovaskulären Risiko verbunden sind und ob dieses hinsichtlich der Häufigkeit solcher Nebenwirkungen vergleichbar ist.

Aus der bisherigen Erfahrung bei der Anwendung herkömmlicher Schmerz- und Rheumamittel war ein signifikant erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko bisher nicht erkennbar gewesen. Es besteht jetzt ein besonderes Interesse daran, eine Neubewertung dieser Wirkstoffe vorzunehmen, weil sie möglicherweise wieder häufiger eingesetzt werden, nachdem die beiden Coxibe nicht mehr verfügbar sind.

Kardiovaskuläre Sicherheit und Nutzen neu bewerten

Die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe des Wissenschaftlichen Komitees der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) hat deshalb im Frühjahr 2005 ein Programm aufgelegt, in dem alle Ergebnisse aus Untersuchungen zur kardiovaskulären Sicherheit dieser Wirkstoffe, aber auch ihr Nutzen, bewertet werden. Ziel der Bewertung ist, einen Vergleich der Risiken für das Herz-Kreislauf-System vornehmen zu können und da, wo das nötig ist, risikomindernde Maßnahmen anzuordnen und z.B. die Produktinformation (Packungsbeilagen) entsprechend zu ändern.

Auch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA beabsichtigt, in den nächsten drei bis sechs Monaten die Produktinformation von herkömmlichen Schmerz- und Rheumamitteln zu ändern und sieht die Aufnahme von Warnhinweisen in den Produktinformationen vor. Die europäischen Arzneimittelbehörden sind der Auffassung, dass völlig gleichartige Hinweise auf ein mögliches kardiovaskuläres Risiko für alle Schmerz- und Rheumamittel nicht verwendet werden sollten und ziehen es vor, auf der Basis von Studiendaten oder anderen Erkenntnisquellen für die jeweiligen Wirkstoffe differenzierte Informationen zu entwickeln und für die Packungsbeilagen vorzuschreiben. ck

 

Quelle
Pressemitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 13/05 vom 4. Juli 2005.
Neubewertung herkömmlicher Schmerz- und Rheumamittel wegen möglicher kardiovaskulärer Nebenwirkungen. Bericht des Bundesinstituts für Arznei- mittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 24. Juni 2005.

 

Risikomindernde Maßnahmen beachten 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weist darauf hin, dass Schmerz- bzw. Rheumamittel, seien sie verschreibungspflichtig oder nicht, nur so lange verordnet und angewendet werden sollten, wie das aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die Packungsbeilagen aller dieser Produkte enthalten in Deutschland schon bisher mehrere unterschiedliche Hinweise (Kontraindikation, Warnhinweise, mögliche Wechselwirkung, Nebenwirkungen), die zu beachten sind und die dann ihre Anwendung so sicher wie möglich machen.

"Diese risikomindernden Maßnahmen sind richtig und notwendig, um die Anwendung der Coxibe für die Patienten so sicher wie möglich zu machen. Es kommt jetzt auch darauf an, dass die Ärzte die neuen Erkenntnisse berücksichtigen." 

Prof. Dr. Reinhard Kurth, Leiter des BfArM

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.