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Neubesinnung über Regelungen zur Stammzellforschung

Am 19. Mai 2005 wurde in "Science" eine Arbeit mit dem Titel "Patient-Specific Embryonic Stem Cells Derived from Human SCNT Blastocysts" publiziert, in dem Woo Suk Hwang, Gerald Schatten und Kollegen über die sehr effiziente Herstellung patientenspezifischer Stammzellen berichteten, die durch Transfer des Kerns einer Hautzelle des Patienten in eine entkernte Eizelle erzeugt wurden. Dieses Verfahren entspricht dem, mit dem auch das so genannte Klonschaf Dolly geschaffen wurde. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr die Publikation nicht nur aufgrund der Tatsache, dass menschliche Stammzellen erzeugt und als Zelllinien etabliert wurden. Den koreanischen Wissenschaftlern gelang es auch, das Verfahren erstaunlich effizient zu gestalten. Durchschnittlich wurden nur 17 entkernte Eizellen benötigt, um eine Stammzelle zu etablieren. Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) nimmt diese Publikation zum Anlass, eine Neubesinnung über die Regelungen zum wissenschaftlichen Arbeiten mit embryonalen Stammzellen in Deutschland anzuregen.

Die DPhG ist der Meinung, dass entsprechende Arbeiten auch in Deutschland möglich sein sollten. Zwar sind seriöse stammzelltherapeutische Ansätze noch weit von einem klinischen Einsatz entfernt. Jedoch ist die Plausibilität für einen signifikanten Nutzen bei bestimmten Erkrankungen so hoch, dass das Erarbeiten einer umfassenden wissenschaftlichen Basis für einen solchen therapeutischen Einsatz in Deutschland nicht länger verzögert werden sollte. Dabei steht außer Frage, dass eine derartige Forschung nach strengen ethischen Maßstäben zu kontrollieren ist, was am besten gelingt, wenn sie mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, weil dies entsprechende Begutachtungsverfahren voraussetzt.

Durch die Arbeiten von Hwang und Kollegen wurde für die embryonale Stammzellforschung ein Weg aufgezeigt, das ethisch bedenkliche Stadium einer Embryonen verbrauchenden Forschung zu verlassen. Statt embryonale Stammzelllinien aus Folgestadien befruchteter Eizellen zu etablieren, lassen sich mit hinreichender Effizienz Zellen mit einem ähnlichen Potenzial aus Eizellen generieren, die mithilfe des Kerns einer adulten Zelle (einer Zelle eines Patienten) neu programmiert wurden. Dies hat zudem den Vorteil, dass diese Zellen keine Reaktionen durch das Immunsystem des Kern-Spenders erwarten lassen.

Durch angepasste gesetzliche Regelungen ist sicherzustellen, dass ein Missbrauch dieses experimentellen Ansatzes in Richtung reproduktivem Klonens ausgeschlossen ist, ähnlich wie dies beispielsweise in England geregelt ist. Ferner ist sicherzustellen, dass nur Eizellen verwendet werden, die nach einem strengen ethischen Codex gewonnen wurden. All dies lässt sich regeln und ist folglich kein Grund für das Festhalten an den sehr eingeschränkten Forschungsmöglichkeiten, wie sie derzeit in Deutschland erlaubt sind.

Die DPhG legt Wert darauf, klar zu machen, dass sich die Stammzellforschung in einem sehr frühen experimentellen Stadium befindet und dass reale Therapieoptionen in naher Zukunft noch nicht zur Verfügung stehen werden. Aus diesem Grund wäre es nicht verantwortlich, Patienten zu große Hoffnungen auf einen schnellen klinischen Einsatz derartiger Stammzellen zu machen. Verantwortungsbewussten Forschern in Deutschland sollte aber endlich die Möglichkeit eröffnet werden, sich an den Arbeiten auf diesem Gebiet zu beteiligen.

Für die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft: Prof. Dr. U. Holzgrabe (Präsidentin), Prof. Dr. M. Schubert-Zsilavecz (Vizepräsident), Prof. Dr. K. Mohr (Generalsekretär), Prof. Dr. T. Dingermann (Altpräsident), Prof. Dr. A. Vollmar (Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie, LMU München), Prof. Dr. Dr. E. Mutschler (Pharmakologie, Frankfurt), Prof. Dr. M. H. Zenk (Biozentrum, Universität Halle).

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