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In einem guten Zustand

Mit einem Überschuss von gut 4 Milliarden Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen das vergangene Jahr abgeschlossen. 4 Milliarden Euro! Und auch für dieses Jahr geht man von einem Plus im Milliardenbereich aus. Die Kassen sind in einem "guten Zustand", heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Das lässt sich in unserer heutigen Zeit der engen Finanzlage vorzeigen, solch eine Meldung gab es schon lange nicht mehr. Da wird der Ruf nach Beitragssatzsenkungen laut. Doch die Krankenkassen sind auf diesem Ohr gerne taub. Verwiesen wird auf Altlasten, die abgebaut werden müssen, und auf mögliche Mehrausgaben aufgrund demographischer Veränderungen, aber auch aufgrund von therapeutischen und kostenintensiven Innovationen.

Ein wesentlicher Teil des Einsparerfolgs geht auf das Konto Arzneimittel zurück. Zahlreiche Maßnahmen aus dem GKV-Modernisierungsgesetz haben dazu beigetragen, dass weniger, aber auch kostengünstigere Arzneimittel verordnet wurden. Beispielhaft für diese Entwicklung sind hier die bereits für viele Arzneimittelgruppen geltenden Festbeträge zu nennen, der verstärkte Einsatz von Billigst-Generika, der Ausschluss von OTC-Präparaten zu Lasten der GKV, die veränderte Arzneimittelpreisverordnung.

Nicht bezifferbar sind Einsparungen, wo Ärzte mit Arzneimitteln, statt am Arzneimittel gespart haben. Wie viele teurere chirurgische Behandlungen, wie viele Krankenhaustage oder -aufenthalte konnten eingespart werden durch den rationalen Einsatz von modernen Therapeutika!

Bei der Vorstellung des von der Gmünder Ersatzkasse erstellten Arzneimittelreports mit dem Dreamteam Dieter Hebel (GEK-Vorstandsvorsitzender) und Gerd Glaeske (Arzneimittelkritiker) machte Schmidt deutlich, dass ihr das alles noch nicht weit genug geht. Die Ausgaben lägen weit über dem, was eine rationale Arzneimitteltherapie kosten müsse, so die Gesundheitsministerin. Als Einsparpotenzial, so haben es ihr die Kritiker eingeflüstert, sieht sie noch drei Milliarden. Ein stolzer Betrag – da wäre es schon mal interessant zu erfahren, wie da gerechnet wurde, bis eine solche Summe zustande kommt.

Sicher ist hier und da noch ein verstärkter Einsatz an Generika drin, auch einige Gefälligkeitsverordnungen könnten noch unterbunden werden. Aber der Arzneimittelfortschritt – z. B. über Analog-Präparate und Arzneimittelinnovationen – hat seinen Preis. Wenn die Ministerin sagt, dass es ein Irrglaube sei, dass ein Medikament umso besser wirke, je mehr es koste, und dass es allein dadurch besser sei, weil es neu auf dem Markt sei, dann hat sie damit Recht. Auf der anderen Seite können Analog-Präparate eine echte Therapieverbesserung bringen, weniger Nebenwirkungen haben und Vorteile für die Compliance. Und Innovationen, sinnvoll und indikationsgerecht eingesetzt, können unterm Strich die Gesamttherapiekosten senken.

Leider sind Innovationen nun mal teuer – es sind hohe Anforderungen, die die Pharmaindustrie von der Entwicklung bis zur Zulassung zu erfüllen hat –, außerdem muss es eine Mischkalkulation geben für die Arzneimittel, deren Patente ausgelaufen sind und die als Generika von vielen produziert werden. Billiger wird's also nicht werden.

Zur aktuellen Entwicklung bei der AMG-Novelle: Die Anpassungsvorschrift für den Krankenkassenrabatt (zwei Euro) wird aus dem SGB V gestrichen – dies wurde im Rahmen der 14. Novelle zum Arzneimittelgesetz vom Bundestag beschlossen. Somit müssen Apotheker und Krankenkassen nicht mehr über das leidige Thema Rabattanpassung und Nachzahlungen verhandeln. Ruhe an dieser Rabattfront soll dann erstmal bis Ende 2008 sein, so ist in der Beschlussempfehlung des Ausschusses vermerkt. Ob es dabei bleiben wird? In Zukunft wird jedenfalls der Gesetzgeber entscheiden, wie hoch der Rabatt ausfallen wird, den die Apotheke den Krankenkassen gewähren muss.

Peter Ditzel

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