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SPD will offene Fragen erst nach der Wahl angehen

BERLIN (ks). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist noch nicht amtsmüde. Sie würde ihren Ministerposten auch nach der anstehenden Bundestagswahl behalten wollen – sofern es die äußeren Umstände zulassen. Ihr großes Projekt für eine weitere Amtszeit wäre die Bürgerversicherung. Schmidts Anliegen ist dabei vor allem, die gesetzliche wie die private Krankenversicherung unabhängig vom Einkommen für jedermann zu öffnen. Zu Wochenbeginn wurde sie jedoch erst einmal gründlich missverstanden.

Für Ministeriumssprecher Klaus Vater begann die Woche mit einem Dementi. Die Ministerin hatte der "Welt" (Ausgabe vom 6. Juni) ein Interview gegeben, in dem sie sich für die Aufhebung der "unsinnigen Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung" ausgesprochen hatte. Für die Zeitung hieß dies: Die Ministerin will die private Krankenversicherung abschaffen – eine griffige Nachricht, die rasch über die Ticker der Agenturen verbreitet wurde.

Doch Vater eilte, die Aussagen seiner Chefin richtig zu stellen: "Es geht nicht um die Abschaffung der privaten Krankenversicherung, sondern darum, die heute bestehende Trennung zu überwinden", sagte er am 6. Juni in Berlin. Dies solle insbesondere dadurch erreicht werden, dass die privaten Versicherer künftig jeden aufnehmen müssen, der das will. Auch dürfe älteren Menschen, die sich eine private Versicherung nicht mehr leisten können, die Rückkehr in die GKV nicht länger versperrt bleiben. Nach den Plänen der Ministerin sollen private und gesetzliche Krankenkassen in Zukunft über Preise und Qualität in Wettbewerb miteinander treten.

Gegen Erhöhung

der Mehrwertsteuer

Schmidt betonte in der "Welt", dass sie keinen Systemwechsel bei der GKV-Finanzierung verfolge. "Aber jedem ist doch heute klar, dass Beiträge allein nicht mehr reichen", sagte die Ministerin. Das Konzept der Bürgerversicherung sehe vor, dass mit Hilfe von Steuermitteln vermieden werden soll, die Beitragszahlenden stärker zu belasten. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist für sie allerdings nicht der richtige Weg, sie passe "nicht in die wirtschaftliche Landschaft".

Vielmehr müsse man an die Subventionen heran – allen voran an die Eigenheimzulage. "Erst wenn der Subventionsbereich ausgereizt ist, würde ich persönlich über anderes reden", sagte Schmidt. Auch diese Aussage der Ministerin führte zu Missverständnissen. Es gehe nicht darum, mehr Steuermittel als bisher in die GKV zu pumpen, erklärte ihr Sprecher. Schmidt habe lediglich den jetzigen Zustand dargestellt, wonach der GKV im laufenden Jahr 2,5 Mrd. Euro und im kommenden Jahr 4,2 Mrd. Euro aus Steuermitteln zufließen.

Konkretisierungen

erst nach der Wahl Einige konkrete Fragen der Bürgerversicherung, die neben der Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze auch die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten vorsieht, will die Ministerin vor der Bundestagswahl noch offen lassen: "In unserem Wahlmanifest werden wir nicht bis auf die Stellen hinter dem Komma gehen." Auch die Frage, ob und wie andere Einkünfte wie Mieten, Pachten und Zinsen einbezogen werden, könnte erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens genau geklärt werden. Bis dahin will die SPD mit ihrem bisherigen Konzept bei der Bevölkerung punkten. Die Bürgerversicherung sei eine Antwort auf die Ängste der Bevölkerung, erklärte Schmidt: "In einer globalisierten Welt brauchen wir mehr Solidarität und nicht weniger, wenn wir die Systeme erhalten wollen".

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