DAZ Feuilleton

Welt der Gewürze

In der Weihnachtszeit haben Gewürze Hochkonjunktur, man denke nur an Lebkuchen, Plätzchen oder Glühwein. Gewürze tragen aber das ganze Jahr über zu unserem Wohlbefinden bei, indem sie den Geschmack der Speisen verfeinern, die Verdauung fördern und die Abwehrkräfte stärken. "Welt der Gewürze –  Gesundheit im Essen" ist das Thema einer Sonderausstellung, die bis zum 19. Februar 2005 in Leipzig gezeigt wird.

 

Gesund durch Gewürze

"In allen Kulturen galten Gewürze als begehrte Zutaten des Geschmacks, der Verträglichkeit und zum Haltbarmachen von Speisen. In erster Linie wurden sie jedoch im therapeutischen Sinne eingesetzt", sagt Susanna Seufert vom Sächsischen Apothekenmuseum in Leipzig. Die therapeutische Wirkung von Gewürzen bildet daher einen Schwerpunkt der Ausstellung.

In der in Indien weit verbreiteten Ayurveda-Medizin bedeuten gut essen, richtig würzen und heilen ein- und dasselbe. Ebenso spielen Gewürze in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) nach wie vor eine große Rolle. Zu den 600 bis 800 Arzneidrogen, die üblicherweise in einer TCM-Apotheke vorrätig sind, zählen auch viele Gewürze. Die Trennung zwischen Gewürz- und Arzneipflanzen "ist noch sehr jung", erklärt die Ausstellungsmacherin. Daher seien auch die Berufe des Apothekers und des Gewürzhändlers anfangs miteinander verknüpft gewesen. In vielen Städten gehörten Apotheker der Krämerzunft an. Die Trennung habe sich vollzogen, weil "die mit Arzneimitteln befassten Kräuterhändler nicht daran interessiert schienen, sich den Auflagen einer städtischen Apothekerordnung zu unterziehen, etwa auch der Einhaltung einer Arzneitaxe."

Wie sehr die Apotheker auch danach noch in den Gewürzhandel involviert waren, zeigt beispielsweise die für ihren Umfang bemerkenswerte Leipziger Arzneimitteltaxe von 1664. Von den dort verzeichneten Gewürzdrogen sind etwa 20 übrig geblieben, die wir heute noch als Gewürze kennen. Ausgestellt sind auch Gerätschaften, die zur Gewürzverarbeitung dienten, sowie kunstvolle Gewürz- und Konfektdosen.

Hundert Drogen im Regal

Staunen über die Vielfalt der Gewürze kann der Besucher am Blickfang der Schau: einem großen Gewürzregal mit rund hundert Fächern. Hier werden die Gewürze als Rohdrogen präsentiert: als Rinde, Schale, Wurzel, Samen usw. Damit der Besucher die Gewürze unterscheiden lernt, liegen ähnliche jeweils nebeneinander. Einige Fächer enthalten Verfälschungen wie Ziegelpulver, das gern unter Paprika oder Safran gemischt wurde, oder Zigarrenkistenholz (Cedrela odorata), das ähnlich wie Zimtrinde ausschaut. Ingwer oder Senfpulver kann verschiedene Farben haben, sodass der Laie auch hier Mühe hat, Fälschungen zu erkennen.

Gewürzfälschungen wurden früher schwer geahndet. Eine Akte aus Leipzig zeigt, dass man im Mittelalter saftige Geldstrafen riskierte, wenn man Safran, das teuerste Gewürz der Welt, streckte. Andernorts konnte der Handel mit Fälschungen das Leben kosten.

 

30 GEWÜRZE Was in diesem Kasten versammelt ist, erkennen die meisten Menschen am  Geschmack, aber nicht unbedingt am Aussehen.
 

Gewürze als Arzneidrogen

Im Themenbereich Gewürze als Arzneidrogen erfährt man, ob Schärfe gesund ist, warum Kümmel in Kohlsuppe gehört, wieso man mit der Nase schmeckt. Die Schau informiert darüber, dass scheinbar harmlose Gewürze wie Muskat, Raute, Poleiminze, Beifuß, Origanum, Brunnenkresse, Salbei, Rosmarin, Thymian, Petersilie, Ysop und Safran dosisabhängig als Abtreibungsmittel oder als geburtsfördernde Mittel eingesetzt wurden.

Aus heutiger Sicht sind die in Kräuterbüchern früherer Jahrhunderte beschriebenen Wirkungen und Anwendungen großenteils sehr fraglich. Das gilt z.B. für Gewürz- und Kräutermischungen, mit denen man sich vor der Pest zu schützen suchte. Doch wurde die postulierte Heilkraft vieler Gewürze und Kräuter wissenschaftlich bestätigt, zum Beispiel die antibiotische Wirkung des Thymians. Einige traditionelle medizinische Anwendungen, die in der Volksmedizin fortleben, sind durchaus sinnvoll, z.B. ätherische Öle von Anis, Fenchel und Kümmel bei Blähungen oder von Rosmarin und Thymian bei Erkältungen und Zahnfleischentzündungen.

Für Kinder und Schulklassen bietet das Museum Führungen durch die Sonderschau, wobei sie selbst Gewürzmischungen herstellen und kosten können. Erwachsene hingegen können den Museumsrundgang im Restaurant in der ehemaligen Leipziger Central-Apotheke bei einem speziell gewürzten Überraschungsgericht beenden.

 

Brigitte Düring, Leipzig

 

Das Sächsische Apothekenmuseum in Leipzig zeigt bis Mitte Februar eine Sonderausstellung über Gewürze. Einige spielen heute noch als Arzneidrogen eine Rolle, die meisten haben ihre große Geschichte schon hinter sich. In asiatischen Therapien, die der Ernährung einen hohen Stellenwert geben, werden die Gewürze nach wie vor als Arzneimittel eingestuft. Sie unterstützen die Körperfunktionen und stärken die Abwehrkräfte.

 

 

Sächsisches Apothekenmuseum 
Thomaskirchhof 12 04109 Leipzig Tel. (03 41) 33 65 20 Geöffnet: Dienstag, Mittwoch, Freitag bis Sonntag 11–17 Uhr, Donnerstag 14–20 Uhr.

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