Arzneimittel und Therapie

Belastungsinkontinenz: Beckenbodentraining und Duloxetin reduzieren Inkontinenze

Duloxetin (Yentreve®) in Kombination mit einem Training der Beckenbodenmuskulatur kann bei Frauen mit Belastungsinkontinenz, die eine zwölfwöchige Behandlungsdauer absolvierten, die Inkontinenzepisoden um drei Viertel reduzieren, wie aus einer Pressemitteilung von Eli Lilly und Boehringer Ingelheim hervorgeht.

Millionen von Frauen weltweit, bei denen unfreiwilliger Verlust von Urin bei körperlichen Aktivitäten, wie z. B. Niesen, Husten, Lachen, Heben von Gewichten oder sportlichen Tätigkeiten auftritt, leiden an einem medizinischen Zustand, der als Belastungsinkontinenz (stress urinary incontinence) oder SUI bekannt ist. Diese Frauen sind durch ihren Zustand stark beeinträchtigt, wobei sie aus Furcht, unfreiwillige Urinabgänge zu fördern, soziale und sportliche Aktivitäten oft vermeiden.

Kombinationstherapie

vermindert Häufigkeit von unfreiwilligem Urinabgang

Diese Studie zeigt, dass eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und Training der Beckenbodenmuskulatur die Anzahl der Urinabgänge vermindern und die Lebensqualität bei vielen Frauen mit Belastungsinkontinenz stark verbessern kann. Die Muskelstärke zu verbessern dauert Zeit, und Duloxetin kann helfen, die Inkontinenz schon zu einem frühen Behandlungszeitpunkt zu verbessern, während die Übungen ihre Wirkung tun.

In die Studie, die in 17 verschiedenen Kontinenzzentren in den Niederlanden, Großbritannien und den Vereinigten Staaten durchgeführt wurde, waren 201 Frauen mit einer Belastungsinkontinenz im Alter zwischen 29 bis 75 Jahren eingeschlossen. Bei den teilnehmenden Frauen traten durchschnittlich mindestens zwei Inkontinenzepisoden pro Tag auf. Die primäre Wirksamkeitsvariable in dieser Studie war die Reduktion der Häufigkeit von Inkontinenzepisoden, berechnet aus den schriftlichen Informationen der Patientinnen in einem selbst geführten Tagebuch.

Ein Merkmal dieser randomisierten, zwölfwöchigen, doppelblinden, plazebokontrollierten Studie war die Tatsache, dass sie eine verblindete Kontrollbehandlung einschloss, bei der die Patientinnen ein Imitations-Training der Beckenbodenmuskulatur erhielten. Die Studie wurde mit den folgenden Behandlungskombinationen konzipiert: Duloxetin, 40 mg zweimal täglich plus Training der Beckenbodenmuskulatur (n = 52); Training der Beckenbodenmuskulatur plus Plazebo (n = 50); Duloxetin plus Imitations-Training der Beckenbodenmuskulatur (n = 52); und Plazebo plus Imitations-Training der Beckenbodenmuskulatur (n = 47).

Es wird vermutet, dass das Imitations-Training der Beckenbodenmuskulatur, ein Geschicklichkeitstraining, sehr bald zu einer Reduktion des abgegebenen Urinvolumens führt, nachdem die Patientin angeleitet wurde, in Erwartung eines Vorfalls (wie z. B. Husten), welcher eine unfreiwillige Urinabgabe verursacht, ihre Muskeln anzuspannen. Im Gegensatz dazu ist es das Ziel des Trainings der Beckenbodenmuskulatur, eines Muskelkrafttrainings, die Muskeln zu stärken; dieser Effekt findet über längere Zeit statt, gewöhnlich über Wochen bis Monate. Sobald eine ausreichende Verbesserung der Muskelstärke erzielt worden ist, führt dies zu einer Reduktion der Häufigkeit der unfreiwilligen Urinabgabe.

Duloxetin mit Beckenbodentraining zu kombinieren

Bei allen Frauen, die die zwölfwöchige Studie abschlossen, zeigen die Ergebnisse, dass Duloxetin, kombiniert mit einem Training der Beckenbodenmuskulatur, wirksamer war als die jeweilige Behandlung alleine. Es zeigte sich eine 76%ige Abnahme der Häufigkeit von Inkontinenzepisoden bei den Teilnehmerinnen, welche die Kombinationstherapie erhielten, im Vergleich zu 61% bei denjenigen, die nur Duloxetin erhielten, 47% bei denjenigen, die nur ein Training der Beckenbodenmuskulatur erhielten und 43% bei denjenigen, die keine aktive Therapie erhielten. Die verbesserte Wirkung der Kombination von Duloxetin und Beckenbodenmuskulaturtraining könnte durch ihre komplementären Wirkungsmechanismen erklärt werden – es wird vermutet, dass Duloxetin die Spannkraft des Sphinkter-Muskels verbessert, während das Training die Aktivität des Beckenbodens verbessert.

Die Kombination von Duloxetin mit einem Training der Beckenbodenmuskulatur führte, im Vergleich zu der Kontrollgruppe ohne aktive Behandlung, zur signifikanten Verbesserung der Lebensqualität der Patientinnen, wie durch den Fragebogen zur Messung der Lebensqualität bei Inkontinenz bestätigt wurde. Die Verbesserung der Lebensqualität war nach der Kombinationsbehandlung größer als nach der jeweiligen Einzelbehandlung oder nach gar keiner Behandlung.

Häufigste Nebenwirkung: Übelkeit

In dieser Studie war die häufigste, zusammen mit Duloxetin berichtete Nebenwirkung Übelkeit, die mit einer Inzidenz von 39% auftrat, im Vergleich zu 5% unter Plazebo. Im Allgemeinen war die Übelkeit leicht bis mittelschwer und trat nur vorübergehend auf. Die Mehrheit der Patientinnen, die mit Duloxetin behandelt wurde und über Übelkeit klagte, beendete die Studie. Andere häufige Nebenwirkungen waren Schwindel, Mundtrockenheit, Konstipation, Schlaflosigkeit, Somnolenz und Asthenie.

Duloxetin ist ein dualer Wiederaufnahmehemmer der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin. Diese Neurotransmitter spielen eine Schlüsselrolle beim normalen Schließen des Urethrasphinkters, einem Muskel, dessen Schwächung zur Belastungsinkontinenz beitragen kann. Duloxetin soll durch die Erhöhung der Neurotransmitterkonzentration den Tonus und die Kontraktion des quergestreiften Harnröhren-Schließmuskels, des Urethrasphinkters, erhöhen können, wodurch ein unbeabsichtigtes Entweichen von Urin durch körperliche Aktivitäten wie Niesen, Husten, Lachen, Gewichtheben oder Sport treiben vermieden werden kann.

Im November 2002 haben Eli Lilly and Company und Boehringer Ingelheim eine langfristige Vereinbarung zur gemeinsamen Entwicklung und Kommerzialisierung von Duloxetin unterzeichnet. Duloxetin wird gegenwärtig für die Behandlung von Depressionen, Belastungsinkontinenz und diabetischen, peripheren, neuropathischen Schmerzen entwickelt. Duloxetin gegen Belastungsinkontinenz wird von Lilly und Boehringer Ingelheim unter dem Markennamen Yentreve® in allen Ländern vermarktet werden, die im Partnerschaftsvertrag enthalten sind, außer in Griechenland, Italien und Spanien. In diesen Ländern wird Lilly das Produkt unter dem Namen Yentreve® und Boehringer Ingelheim unter dem Namen AriClaim® vermarkten. ck

 

Zum Weiterlesen


Duloxetin Serotonin und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Neue Arzneimittel 2005; Nr. 1, S. 7 –11. www.deutsche-apotheker-zeitung.de

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