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Chancen der alternden Gesellschaft sehen

BONN (im). Die wachsende Zahl Älterer in der Gesellschaft muss als Chance und darf nicht als Bedrohung angesehen werden. Die demografische Entwicklung gehört nicht nur in den Bereich der Sozialpolitik, sondern wegen der großen Kaufkraft etlicher Rentner in die Wirtschaftspolitik. Wirtschaft und Gesundheitswesen sind gut beraten, wenn sie sich mit passgenauen Angeboten auf die Wünsche der relativ fitten, finanziell gut ausgestatteten Alten einstellen. Das haben Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (beide SPD) am 4. Mai in Bonn erklärt.

Um den Anforderungen der älter werdenden Bevölkerung gerecht zu werden, hatte der SPD-Parteivorstand im Sommer 2004 eine Projektgruppe zu den Herausforderungen einer Gesellschaft des längeren Lebens eingerichtet, die in Bonn tagte und in diesem Herbst ihr Gesamtpaket mit Vorschlägen auf einem Generationenkongress unterbreiten wird. Schmidt und Dieckmann warben für einen offensiv-positiven Umgang mit dem Thema "Seniorenwirtschaft", um heute die Weichen für Deutschland im Jahr 2030 zu stellen.

Schon unter den jetzigen Ruheständlern gebe es viele wohlhabende Rentner, die gerne Wellness und andere Angebote für ihre Gesundheit wahrnähmen. Dieckmann erinnerte daran, dass es hierzulande mehr Kinder- als Altersarmut gibt. Laut Schmidt geben deutsche Senioren insgesamt pro Monat rund drei Milliarden Euro aus.

Eine Million neue Arbeitsplätze?

Bei entsprechenden Angeboten der ambulanten Betreuung im Gesundheitswesen, aber auch innovativen Konzepten in der Kommunal- und Wohnungspolitik könne die Binnennachfrage deutlich gestärkt werden, meinten beide SPD-Politikerinnen. Ulla Schmidt hofft auf eine Million neuer, zusätzlicher Arbeitsplätze in Zukunft für die Nachfrage von Älteren im Gesundheitswesen, Wohnungsmarkt und nach altersgerechten Industrieprodukten. Konkret müsse die Position von Hausärzten gestärkt und die bestehenden Angebote der ambulanten, stationären und pflegerischen Versorgung vernetzt werden.

Werden Wohnungen zum Beispiel von Beginn an barrierefrei geplant, spart das Kosten verglichen mit späteren Umbauten und ermöglicht mit entsprechenden Dienstleistungen des Gesundheitswesens ein längeres selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden. Hilfe bei der pflegerischen Betreuung wird bald so selbstverständlich nach Bedarf "eingekauft" werden wie heute schon die Unterstützung durch Haushaltshilfen, vertrat Bärbel Dieckmann.

Ministerin Schmidt bekräftigte ihr Vorhaben einer Reform der Pflegeversicherung. Es müsse die Frage beantwortet werden, wie in Zukunft der Grundsatz "ambulant vor stationär" mit der nötigen Dynamisierung der Leistungen langfristig gesichert werden kann. Auch der Sachverständigenrat rate zur Aufhebung der Trennung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung. Die Pflichtgrenze, die die Selbstständigen und Gutverdiener beim Solidarsystem außen vor lasse, nannte Schmidt "anachronistisch".

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