Fortbildung

Entzug nur mit psychosozialer Betreuung erfolgreich

Das nordrhein-westfälische "Landesprogramm gegen Sucht" ist erfolgreich, weil Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Apotheker und andere in diesem Bereich Tätige gut zusammenarbeiten. Dennoch gibt es hinsichtlich Prävention, Therapie und Integration noch viel zu tun. Dies zeigte der 3. Kooperationstag "Sucht und Drogen", der am 13. April 2005 in Köln stattfand.

Laut Prof. Dr. Karl Mann, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, spiegeln sich im Umgang mit der Sucht die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse wider. Zwischen 1970 und 1990 standen vor allem illegale Drogen im Mittelpunkt: Heroin, Cocain, Marihuana und Haschisch. Bei den gesellschaftlich akzeptierten Drogen Alkohol und Nicotin sieht man erst seit den 1990er-Jahren einen Handlungsbedarf, obwohl Nicotin, so Prof. Mann, ein stärkeres Suchtpotenzial aufweist als Heroin. Seit 2001 befassen sich die Suchtforschungsprogramme vorwiegend mit Alkohol und Nicotin.

Den Erstkontakt möglichst hinauszögern

Prävention und Therapie der Sucht profitieren von neuen gehirnphysiologischen und molekularbiologischen Erkenntnissen, so z. B. bei der Betreuung von Jugendlichen. Viele Kinder haben bereits mit 11 bis 12 Jahren erste Kontakte mit Nicotin und Alkohol. Da wichtige neuronale Vernetzungsprozesse in diesem Alter noch nicht abgeschlossen sind, stören die Suchtgifte die Entwicklung des Gehirns. Rezeptoren werden bis zum 25. Lebensjahr, Synapsen bis zum 18. Lebensjahr gebildet.

Je nach persönlicher Disposition wird durch den frühen Drogenkonsum die Grundlage für die Sucht in späteren Jahren gelegt. Hieraus ergibt sich der Ansatzpunkt, Kinder aus suchtgefährdeten Familien gezielt zu betreuen, um möglichst lange den Konsum von Alkohol und Nicotin hinauszuzögern.

Entzug mit Perspektive

Es ist eine relativ neue Erkenntnis, dass nicht nur die Suchtgifte das Gehirn schädigen, sondern auch jeder Entzug. Ein Entzug sollte deshalb gut geplant und sorgfältig durchgeführt werden. Er sollte so früh wie möglich zusammen mit einer intensiven persönlichen Betreuung erfolgen, denn ein einfacher Entzug endet sicher im Rückfall. Bei der Behandlung von Alkoholikern hat sich gezeigt, dass die Gabe eines Anti-Craving-Präparates, das das Verlangen auf Alkohol deutlich verringert, in Kombination mit ambulantem täglichem Kontakt mit dem behandelnden Arzt und einer psychotherapeutischen Stelle eine ähnlich hohe Erfolgsrate hat wie die Behandlung in einer Fachklinik.

Mittels bildgebender Verfahren lässt sich der Erfolg des Entzugs kontrollieren: Sie zeigen die neuronale Aktivität im alkoholsuchtbeeinflussten Bereich des Gehirns, während dem Patienten bestimmte Dias gezeigt werden.

Raucherentwöhnung mit Hilfe aus der Apotheke

Auf dem Suchtkooperationstag veranstalteten verschiedene Institutionen insgesamt 19 Workshops oder präsentierten sich mit Ständen auf dem Markt der Möglichkeiten. Von Seiten der Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe boten Dr. Sylvia Prinz und Constanze Schäfer den Workshop "Raucherentwöhnung – Hilfe aus der Apotheke" an. Auch bei Rauchern ist der Erfolg größer, wenn gleichzeitig zur medikamentösen Behandlung eine psychosoziale Begleitung erfolgt, z. B. durch Selbsthilfegruppen, eine psychotherapeutische Behandlung oder eine motivationale Kurzintervention von Seiten eines Arztes oder Apothekers. Auf diese Weise lässt sich erreichen, dass nach 18 Monaten etwa 20 bis 30% der Patienten nicht wieder mit dem Rauchen begonnen haben.

Bei Beginn der Nicotin-Abstinenz nimmt das Körpergewicht um etwa 5% zu, vorausgesetzt, die zugeführte Kalorienmenge bleibt unverändert. Die Ursache dafür ist in einem gesteigerten Grundumsatz bei Rauchern zu suchen. Die Gewichtszunahme stellt vor allem für Frauen ein Problem dar. Ihnen könnte der neue, noch nicht zugelassene Wirkstoff Rimonabant Hilfe bringen: Er reduziert nicht nur die Lust auf Zigaretten, sondern hält zugleich den Appetit im Zaum, indem er den Cannabinoidrezeptor vom Typ 1 (CB1) blockiert. Als Nebenwirkungen sind bislang beschrieben: Kopfschmerzen, Nasopharyngitis und Angstzustände.

Constanze Schäfer, Düsseldorf

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