DAZ aktuell

Apothekerverband lehnt Kooperationen ab

DÜSSELDORF (im). Apothekenkooperationen lehnt der Deutsche Apothekerverband (DAV) weiterhin ab. Zwar werde mit mehr Dienstleistungen geworben, es werde jedoch der mögliche Übergang zu Franchisesystemen bis hin zu Ketten übersehen, warnte Hermann S. Keller, Vorsitzender des DAV, auf dem Wirtschaftsforum seines Verbands am 28. April in Düsseldorf.

Dort sprach er sogar von einer "gefährlichen" Entwicklung. Das Beispiel Norwegen zeige die Zerstörung des Mittelstands durch Apothekenketten, die nicht einmal die erhofften Einsparungen brächten. Das bessere System bleibe die inhabergeführte Apotheke. In diesem Zusammenhang erwähnte der DAV-Chef den Barmer Hausapothekenvertrag als richtungsweisend. Entscheidend sei hier die Offenheit gegenüber allen Pharmazeuten mit nachgewiesener Zugangsqualifikation. Keller nannte es einen Erfolg, Apothekenkooperationen verhindert zu haben, die nur ihre Mitglieder als Hausapotheke etablieren wollten.

Mit dem Barmer-Vertrag werde die Apotheke vor Ort gestärkt und die wohnortnahe Versorgung der Patienten mit freier Apothekenwahl gesichert. Keller gab zu, dass es Kritik von Kollegen wegen ungenügender Honorierung am Vertrag gegeben hat. Seiner Ansicht nach haben sich die Pharmazeuten nicht unter Wert verkauft, sondern vielmehr diesen Heilberuf stärker in das Management der Krankenbehandlung eingebunden, was die Apotheker jetzt allerdings umsetzen müssten.

Streitpunkt Herstellerrabatt

Der DAV-Vorsitzende ging in Düsseldorf auch auf die Querelen um die Umsatzsteuer auf die Rabatte ein, welche die Hersteller den Kassen gewähren müssen. Bis zum 15. Mai solle auf Bitten des Staatssekretärs Klaus Theo Schröder ein mögliches Verfahren für einen Musterprozess geklärt werden. Hintergrund ist die Interpretation einiger Krankenkassen, die Firmen sollten Nettorabatte (ohne Mehrwertsteuer) gewähren (die DAZ berichtete). Im Gegensatz dazu gehen das Bundesgesundheits- und Finanzministerium von Abschlägen inklusive der Steuer aus und unterstützen eindeutig die Position der Apotheker, sagte Keller.

Im Kern geht es um 300 Millionen Euro an Mehrwertsteuer, die zunächst bei den Rechenzentren und daher indirekt bei den Apotheken als Belastung drohen hängen zu bleiben, welche dann die Beträge bei den Herstellern einfordern müssten. Keller verwies auf die vielen ungeklärten Fragen hierbei wie die nach der Aufgabe eines pharmazeutischen Unternehmens, Apothekenschließungen oder Filialisierung. Weitere Gespräche zwischen den Beteiligten seien anberaumt. Dabei hält der DAV Zahlungen der Apotheker als Inkassostelle an die Krankenkassen nur dann für gerechtfertigt, wenn der jeweilige Hersteller seinen vorgegebenen Brutto-Rabatt zahlte.

"Aut idem ändern"

Der DAV-Vorsitzende erwähnte darüber hinaus die Rabatte, die die Kassen direkt mit Herstellern per Gesetz aushandeln dürfen. Zwar unterstützten die Pharmazeuten solche Abschläge bei den Arzneipreisen, Bedingung sei jedoch ein geändertes Aut-idem-Verfahren, ansonsten könne keine Steuerung in den Apotheken erfolgen, so Keller. Die Voraussetzungen für neue Auswahl-Regelungen müssten die Kassen – als Vertragspartner der Industrie – und die Politik schaffen.

Telematik kommt

Wie Keller zum Thema elektronische Gesundheitskarte ausführte, soll die Entscheidung zu den Testregionen Mitte dieses Jahres fallen. Die neue Telematikorganisation von Apothekern, Ärzten, Krankenhäusern und Kassen, gematik, werde darüber befinden. In allen Bewerberregionen seien die Landesapothekerverbände gemeinsam mit den Rechenzentren vertreten. Vor der Einführung der eKarte wird es nach Labortests "Minitests" (mit 10.000 Versicherten) und anschließend "Regionaltests" (100.000 Versicherte) geben.

Trotz sich abzeichnender Verzögerungen geht Keller von einem Erfolg der Karte aus, es werde kein zweites Mautdesaster geben. Er erinnerte an die Finanzierungsvereinbarung von Apothekern, Ärzten, Zahnärzten, Kliniken und Krankenkassen, die künftig für die telematikbedingten Kosten in Apotheken, Praxen und Krankenhäusern Zuschläge bei der Abrechnung vorsieht und unterdessen auch gesetzlich verankert ist. Für die Höhe der Zuschläge werde in Kürze gemeinsam eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt.

Bei der Übermittlung des elektronischen Rezepts, das ab dem kommenden Jahr mit der Karte kommen soll, sei an drei Alternativen gedacht. Die bedeutendste sei das "körperlose Rezept" mit der Online-Speicherung im Patientenfach und Weiterleitung durch den Versicherten an die Apotheke seiner Wahl. Die zweite Option sieht demnach den Rezepttransport auf der eKarte vor, die dritte ist die Offline-Fernübermittlung mittels Papierbeleg. Letztere bezeichnete Keller allerdings als unpraktikabel.

Er hob mit Nachdruck hervor, dass auch mit der eKarte der Versandhandel mit Arzneimitteln weiterhin möglich sei, allerdings sei eine Steuerung der Rezepte durch Krankenkassen an bevorzugte Apotheken ausgeschlossen. Es liege ausschließlich in der Verantwortung von Ärzten und Apothekern, die Rezeptweiterleitung aus dem Arzt- in das Apothekennetz sicherzustellen, worüber sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der DAV einig seien. Die Arzneimitteldokumentation, die gemeinsam mit dem eRezept getestet werden müsse, könne auf den Cave-Modulen der Apotheken-EDV-Systeme aufgesetzt werden. Laut Keller ist der Schutz der Gesundheitsdaten der Patienten gewährleistet.

Keller zum Versand

Der DAV-Chef lobte die jetzige Arzneimittelpreisverordnung, die es den öffentlichen Apotheken ermöglichte, sich gegenüber Versandapotheken zu behaupten. Keller wies Vorwürfe von "Miniatur-Verbänden" und "Hobbyjuristen" zurück, der DAV würde den Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem Ausland nicht bekämpfen. Dies sei Polemik und schade dem Berufsstand. Kellers Kritik richtete sich offenkundig gegen den 14 Mitglieder zählenden Bundesverband der Versandapotheker, der vor kurzem mit einem eigenen Gütesiegel vorgeprescht war.

Insgesamt liege der Marktanteil der Versandapotheken im Promillebereich, Lieferzeiten von über einer Woche und fehlende Reaktionen auf Anfragen seien kein Ruhmesblatt für diesen Distributionsweg. Die jüngste Aktion der BKK für Heilberufe, die auf ihrer Internetseite den Bezug von Arzneimitteln über die niederländische Versandapotheke DocMorris empfiehlt, kritisierte Keller als reine Werbemaßnahme.

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