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Neuer Hausapothekenvertrag – zu teuer bezahlt?

Die Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) hat am 29. April 2005 nach heftiger Diskussion grünes Licht für einen weiteren Hausapothekenvertrag gegeben. Vertragspartner ist die Deutsche BKK, hinter der sich ein Zusammenschluss von Betriebskrankenkassen der Deutschen Telekom, der Deutschen Post und der Volkswagen AG verbirgt. Vor allem wegen der im Vertrag zugestandenen, sehr niedrigen und nicht kostendeckenden Preise für Teststreifen hatten sich die Landesverbände Nordrhein, Westfalen-Lippe, Brandenburg und Bremen bis zuletzt gegen den Abschluss des Vertrages, der zum 1. Juli 2005 in Kraft treten soll, gewehrt.

Dreizehn Landesverbände stimmten dem Vertragsentwurf jedoch zu. In ihm werden die Apotheken, die sich beteiligen wollen, zu umfangreichen Leistungen zugunsten der Versicherten der Deutschen BKK verpflichtet, die sich bei einer nach den Regeln des Vertrages zugelassenen Hausapotheke in ihrem Umfeld eingeschrieben haben.

Kaum bestreitbar ist, dass die beteiligten Versicherten von den verbindlich vereinbarten Leistungspflichten ihrer Hausapotheke profitieren können. Auf der Basis von Maßnahmen zur Qualitätssicherung (z. B. auf der Basis der Leitlinien der Bundesapothekerkammer festgelegte Prozessbeschreibungen für die Information und Beratung bei Erstverordnungen, Wiederholungsverordnungen und bei Selbstmedikation) verpflichten sich die teilnehmenden Apotheken zu einer erweiterten Medikationsprüfung – bis hin zur Prüfung auf mögliche Interaktionen, Gegenanzeigen und Nebenwirkungen.

Dies wird ergänzt durch die Verpflichtung, im Bedarfsfall Arzneimittel bis ans Krankenbett zu liefern, ein Medikationsprofil zu erstellen und EDV-gestützt einen Medikationsbericht zu erstellen. Auf die erweiterten Leistungen einer pharmazeutischen Betreuung haben allerdings nur die Versicherten Anspruch, die in ein Disease-Management-Programm eingeschrieben sind. Immerhin: Für das erstmalige Erstellen des Medikationsprofils soll der Apotheker 5 Euro (netto) abrechnen können, für das weitere Führen des Medikationsprofils bis zu vier Mal jährlich weitere 5 Euro.

Damit die beteiligten Apotheken Rabattverträge nach § 130a, die die Kassen mit pharmazeutischen Herstellern abgeschlossen haben, unterstützen können, soll die Aut-idem-Regelung nach § 129 SGB V durch den Vertrag modifiziert werden. Die vertraglichen Pflichten der Deutschen BKK fallen nach Auffassung der Kritiker des Vertrages eher bescheiden aus. Sie haben die ihnen ohnehin obliegenden Rabattverhandlungen mit den Herstellern zu führen. Ferner müssen sie ihre Versicherten über den Vertrag und nahe gelegene teilnehmende Apotheken informieren und zur Einschreibung in eine Hausapotheke motivieren.

Die Befürworter weisen – zutreffend – darauf hin, dass die Sonderkonditionen nur für eingeschriebene Versicherte und Apotheken gelten. Gleichwohl bleibt die Frage, ob die zugesicherten Leistungen dauerhaft zu den zugestandenen niedrigen Preisen überhaupt erbracht werden können. Insbesondere die Preise für die Teststreifen stoßen hier auf Kritik. Es bestehe die Gefahr, dass mit diesen Angeboten andere Krankenkassen auf den Geschmack gebracht werden, ähnliche Preise zu fordern – ohne die Bereitschaft, sich zugleich für eine Arzneimittelversorgung durch wohnortnahe Apotheken einzusetzen. Dies juckt die Apothekerverbände sehr unterschiedlich. In Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen hatte man sich schon vor dem jetzt beschlossenen Vertrag zu den Preiszugeständnissen bereit gefunden.

Mit diesem Vertrag legt der DAV die Messlatte hoch. Er fordert damit Leistungen, die nicht wenige Apotheken allenfalls nach erheblichen Investitionen in EDV und Mitarbeiter stemmen können. Dennoch: Totalverweigerung ist keine wirkliche Alternative. Das heißt aber nicht, dem Vertrag unkritisch zuzujubeln. So wichtig ist die Deutsche BKK nun auch nicht. Fraglich bleibt, ob wirklich alle Spielräume genutzt wurden, die wirtschaftlichen Konditionen erträglich zu gestalten. Dass im Hintergrund andere – einzelne Kooperationen – lauerten, die gern für den DAV eingesprungen wären, mag sein. Erpressbar darf man dadurch nicht werden.

Klaus G. Brauer

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