DAZ Feuilleton

Pharmazie in Halle an der Saale

Die Saalestadt Halle hat schon bessere Zeiten gesehen als heute. Bereits im Mittelalter durch eine bedeutende Saline wohlhabend geworden, wurde sie im 15. Jahrhundert Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg, von denen der kunstliebende Kardinal Albrecht von Brandenburg besonders hervorragt. 1694 erhielt die Stadt eine Universität, und ein Jahr darauf gründete August Hermann Francke dort das Waisenhaus, nicht nur als christlich-pädagogische, sondern auch als ökonomische Institution von überregionaler Bedeutung. Im 19./20. Jahrhundert siedelten sich in Halle namhafte Industriebetriebe an, die großenteils die Verstaatlichung, aber nicht die Wende überdauert haben. Umso mehr tritt der traditionelle Charakter als Kultur- und Bildungsstadt heute wieder hervor.

500-jährige

Apothekentradition

Die lückenlose Apothekengeschichte von Halle beginnt mit der Vereidigung des Inhabers der Rats-Apotheke im Jahr 1493. Im 16. Jahrhundert kamen die Hirsch- und die König-Salomo-Apotheke hinzu, letztere gegründet von Wolf Holtzwirth, der als Mittezwanzigjähriger nach Palästina gepilgert war und in Halle die Tochter des erzbischöflichen Kanzlers heiratete. Wie er gehörten auch die meisten anderen Apotheker dem gehobenen Bürgertum an.

Spezialitäten

aus dem Waisenhaus Eine Sonderstellung nahm die 1698 gegründete Waisenhaus-Apotheke ein, die im großen Stil Arzneispezialitäten nach streng geheim gehaltenen Rezepturen herstellte und diese durch die "Medikamenten-Expedition", die immerhin bis 1950 Bestand hatte, über erstaunlich große Entfernungen vertrieb; ihre Gewinne trugen wesentlich zum Unterhalt der Franckeschen Stiftungen bei.

Die Zahl der vier privilegierten Apotheken in Halle stagnierte nun fast 170 Jahre lang. Von 1866 bis 1893 wurden sieben Apotheken mit Realkonzession und ab 1904 knapp 20 Apotheken mit Personalkonzession eröffnet. Die meisten Apotheken wurden in den 60er- und 70er-Jahren verstaatlicht und 1990/91 wieder privatisiert.

Sowohl die Geschichte dieser Apotheken als auch die Entwicklung der Pharmazie an der Universität Halle (-Wittenberg) hat der Pharmaziehistoriker Hans-Joachim Poeckern in seinem Buch "Halles Apotheken" zusammengefasst. Nach einführenden Kapiteln über die gesetzlichen Grundlagen des Apothekenwesens hat er das Material nach Art einer Chronik aufbereitet. Obwohl es sich dabei um Lokalgeschichte handelt, werfen manche Ereignisse auch ein Licht auf die allgemeine Pharmaziegeschichte.

So besagte ein Gutachten von 1841, dass der Apothekenumsatz durch das Aufkommen von Naturheilverfahren und die rationellere Verordnungsweise der Ärzte stark zurückgegangen war. Damals wusste niemand, ob auch wieder andere, für die Apotheken erfreulichere Zeiten kommen würden. W. Caesar

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