Aus Kammern und Verbänden

Christen in der Pharmazie: Verantwortung zwischen Lust und Last

Die Begriffe Verantwortung und Verantwortlichkeit mit ihren verschiedenen Facetten und Hintergründen standen im Mittelpunkt der diesjährigen Fachtagung der "Christen in der Pharmazie", einer Fachgruppe der Akademiker-SMD. So zeigte Prof. Dr. Peter Imming die Problematik der aktuellen Bioethikdiskussion auf und verwies auf die Hierarchie ethischer Bewertungskriterien. Die Tagung fand vom 15. bis 17. April 2005 in Brotterode/Thüringen statt.

 

Eigenverantwortung und Selbstachtung

Verantwortung vor sich selbst thematisierte Apothekerin Annette Groteloh, Herne. Unter dem Titel "Verantwortung, ja bitte!" ermutigte sie zum bewussten Wahrnehmen von Verantwortung im persönlichen und beruflichen Umfeld. Jeder wählt und entscheidet selbst, in welcher Form das passiert. Wer jammert, will nicht verantwortlich sein, wer handelt, hört auf zu jammern. Unentschlossenheit führt dagegen zum Verlust der Selbstachtung. Hier ist es nicht nur wichtig, bewusst für sich Verantwortung initiativ und kreativ wahrzunehmen. Ebenso bedeutsam ist auch die Bereitschaft, Verantwortung zu delegieren. Dazu gehört sowohl das eigene Loslassen als auch Zutrauen und Vertrauen.

Verantwortung

und Rechenschaft vor Gott "Ver-Antwortung" im Sinne eines Beziehungsbegriffes war der Ausgangspunkt im Referat von Pfarrer Gernot Spies, SMD-Generalsekretär, Marburg. Spies zeigte vom Menschenbild der Bibel her die Spannung auf zwischen der dem Menschen zugesprochenen Würde einerseits und der Bürde der Verantwortlichkeit vor einer Instanz andererseits. Christen dürfen sagen: Wir kennen diese Instanz und ihr Gebot, die Wurzel und das Ziel unserer Existenz, die Adresse für Fragen, Nöte und Verantwortung unserer Existenz – den Gott der Bibel.

Der verantwortliche Mensch ist letztlich auf die Gnade Gottes angewiesen. Daraus erwächst ein großes Maß an Gelassenheit und Dankbarkeit, so Spies. Interessanterweise hat die aktuelle Glücksforschung gerade diese zwei Wesensmerkmale christlicher Ethik – Vergebung und Dankbarkeit – als "Glücksformel" ermittelt.

Wirtschaftliche Verantwortung mit protestantischer Ethik

Die praktische Verantwortung vor anderen, speziell im wirtschaftlichen Umfeld, beleuchtete Prof. Dr. Reinhard Haupt, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Produktion/Industriebetriebslehre an der Universität Jena. Haupt unterstrich die Bedeutung des Wertethos für die Motivation. Oftmals korrelieren Wertekrisen mit Problemen im wirtschaftlichen Umfeld. Betrug und Anspruchsdenken sind Folgen des Werteverfalls. Verantwortung kann sich daher nicht nur auf Geld oder Geltung begründen.

Haupt ermutigte im Rückgriff auf Max Weber zu einer Wirtschaftsethik auf Grundlage einer reformatorischen Glaubensprägung, die gekennzeichnet ist von Einsatzwillen, Sparsamkeit, Aufrichtigkeit bzw. Verlässlichkeit und karitativem Engagement.

Sachverantwortung in Medizin und Pharmazie

Unter dem Thema "Verantwortlich heilen – medizinisch und pharmazeutisch" betonte Prof. Dr. Peter Imming, Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Halle, die Wichtigkeit der Sachkenntnis. Sowohl die verantwortungsvolle Berufsausübung als Apotheker als auch die ethische Einordnung von Sachverhalten benötigt fundiertes Wissen. Dagegen ist Halbwissen das gefährlichste Wissen, betonte Imming. Davon ausgehend zeigte er die Problematik der aktuellen Bioethikdiskussion auf und verwies auf die Hierarchie ethischer Bewertungskriterien. Zuerst steht immer die Frage nach Erlaubnis oder Verbot, bevor nachgeordnete Kriterien wie Sicherheit, Machbarkeit oder Finanzierbarkeit zum Tragen kommen dürfen. Dabei ist die Menschenwürde jedes menschlichen Lebens ein unveräußerbares Gut.

Imming zitierte einen jung an Krebs verstorbenen Mann, der kurz vor seinem Tod schrieb: "Wer immer nur gesund ist, vergisst, dass sein Körper vergänglich ist. Er vergisst, dass er einmal sterben muss, und richtet sich nicht darauf ein. Krankheit ist ein Signal dafür, dass wir Hilfe und Erlösung brauchen. Es ist sehr viel wichtiger, um jeden Preis mit Gott und Menschen ins Reine zu kommen, als gesund zu werden. Ewiges Heil ist wichtiger als zeitliche Heilung."

Für Fortschritt mit

menschlichem Antlitz Für die Gewinnung verbesserter Therapeutika ist eine gezielte und detaillierte biochemische Forschung wichtig. Dagegen warnte Imming vor einer Überschätzung der Gene, die er als "Körperteil mit großer, aber nicht einzig entscheidender Bedeutung" charakterisierte. Er plädierte für eine bescheidene Sicht unserer Heilungsmöglichkeiten, weil das realistisch ist und einen Fortschritt mit menschlichem Antlitz ermöglicht.

Jens Kreisel, Plauen

SMD Weitere Informationen unter www.pharmazie.smd.org.

"Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut."

Chinesisches Sprichwort

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.