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Akupunktur – wirksam, sicher, wirtschaftlich

(sw). Am 20. April wurde in Berlin durch die Charité (Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie) der Abschlussbericht des Modellvorhabens Akupunktur – Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit – an die Techniker Krankenkasse übergeben. Das Modellvorhaben hat die Wirksamkeit, die Nebenwirkungen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Akupunkturbehandlungen untersucht. Das Ergebnis spricht für den Einsatz der alternativen Heilmethode.

Die Patienten wollen Akupunktur, die Ärzte setzen sie ein, aber es fehlte die Evidenz methodisch fundierter Studien. Um dies zu ändern, hat die Techniker Krankenkasse das Modellvorhaben Akupunktur in Auftrag gegeben. Es handelt sich dabei um die weltweit größte randomisierte Studie zu diesem Thema. In den vergangenen viereinhalb Jahren wurden im Rahmen der Studie bei mehr als 360.000 Patienten über 20 Mio. Akupunkturnadeln gesetzt, rund drei Mio. Akupunktur-Behandlungen wurden bisher ausgewertet. Das Modellvorhaben bestand aus drei Studienteilen, die sich methodisch und inhaltlich ergänzten.

Akupunktur in der Routineversorgung

Der Studienteil "Akupunktur in der Routineversorgung" spiegelte den medizinischen Alltag wider, d. h. er umfasste Patienten, die schon lange unter ihren Schmerzen litten und diese schulmedizinisch mehr oder weniger erfolgreich behandelt hatten, aber auch solche mit akut neu aufgetretenen Schmerzen. Die Patienten der Studiengruppe erhielten nun zusätzlich Akupunktur, eine gleichzeitige Fortsetzung oder Substitution der schulmedizinischen Methoden war freigestellt.

Für die untersuchten Diagnosen erbrachte die Akupunktur bei 70 bis 90% der Betroffenen eine Verbesserung. Eine deutliche Besserung – also eine Schmerzreduzierung mindestens auf die Hälfte – erlebten ca. 50% der Patienten. Auch nach sechs Monaten hielt die Wirkung noch an. 70 bis 80% der Patienten gaben eine Verbesserung der Lebensqualität an.

Therapiesicherheit und Wirtschaftlichkeit

8,5% der Patienten berichteten über irgendeine Form von Nebenwirkungen (meist kleine Blutungen an der Einstichstelle oder Blutergüsse). Nur bei drei Patienten von den ca. 300.000 kam es zu schweren Nebenwirkungen (Pneumothorax); es gab keine lebensbedrohlichen Nebenwirkungen, wie der Studienteil "Therapiesicherheit und Wirtschaftlichkeit" zeigte. Die Kosten für die schulmedizinische Routineversorgung lagen in der Studie bei ca. 800 Euro. Die Akupunktur erhöhte diese Kosten um ca. 350 Euro, d. h., die mit Akupunktur Behandelten kosteten mehr, aber sie hatten auch eine bessere Therapiewirkung und eine damit verbundene höhere Lebensqualität. Eine Kosten-Effektivitäts-Analyse ergab, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Akupunktur demjenigen anerkannter medizinischer Verfahren entspricht.

Wirksamkeit an spezifischen Akupunkturpunkten

Bei den im Studienteil "Wirksamkeit an spezifischen Akupunkturpunkten" untersuchten Indikationen Migräne, Spannungskopfschmerz, Lendenwirbelsyndrom (LWS) und Kniearthrose mit je 300 Patienten erbrachte die Akupunktur ebenfalls eine hochsignifikante Besserung. Ein signifikanter Unterschied zwischen Akupunktur- und Minimalakupunkturgruppe bestand nur bei Gonarthroseschmerzen, nicht bei LWS-Schmerzen, Migräne und Spannungskopfschmerzen. Das bedeutet die Wirkung der Akupunktur über spezifische oder unspezifische Mechanismen scheint diagnoseabhängig zu sein und sollte weiter geklärt werden.

Fazit

Der Nachweis des Zusatznutzens der Akupunktur war eindrücklich. Evtl. sind längerfristig Substitutionseffekte denkbar, also Akupunktur statt Schulmedizin, dann wären auch Kostenersparnisse möglich. Die Techniker Krankenkasse wird die Ergebnisse dem Gemeinsamen Bundesausschuss zur Verfügung stellen. Die TK möchte die Akupunktur so schnell wie möglich in ihren Leistungskatalog aufnehmen. Die Entscheidung des Bundesausschusses wird im Laufe dieses Jahres erwartet.

Die Ergebnisse der vorgestellten Studie stimmen im Übrigen weitgehend mit den Ergebnissen der gerac-Studie (siehe DAZ Nr. 44/2004, S. 44) überein. Allerdings wurden in den hier vorgestellten Untersuchungen z. T. Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen "richtiger" und Scheinakupunktur gefunden.

Modellvorhaben Akupunktur in Zahlen

Teilnehmer

  • 313.534 Patienten bei mehr als 10.000 Ärzten
  • 35 % Männer (53 ww w 14 Jahre)
  • 65 % Frauen ( 49 w 14 Jahre)
  • 10 x 3 Akupunkturbehandlungen innerhalb von drei Monaten

Studienteile

  • Acupuncture in Routine Care (ARC) = Wirksamkeit in der Routineversorgung (teil-randomisiert/kontrolliert): 50.473 Teilnehmer
  • Acupuncture Safety and Health Economics (ASH) = Therapiesicherheit und Wirtschaftlichkeit (prospektive Beobachtungsstudie): 261.897 Teilnehmer
  • Acupuncture Randomised Trials = Wirksamkeit an spezifischen Akupunkturpunkten (randomisiert/kontrolliert): 1164 Teilnehmer

Indikationen und Verteilung der Patienten über die Diagnosen:

  • Lendenwirbelsyndrom: 47 %
  • Kopfschmerzen: 36 %
  • Arthroseschmerzen: 10 %
  • Halswirbelsäulensyndrom: 5 %
  • Asthma und allergische Rhinitis: 2 %
  • Dysmenorrhoe: 0,3 %

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