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Grüne nehmen Privatversicherte aufs Korn

BONN (im). Die Grünen überlegen fieberhaft, wie sie die bisher privat Versicherten in eine künftige Bürgerversicherung integrieren können. Die milliardenschweren Rückstellungen der Privatkassen sollen zum Teil ins gesetzliche System fließen, meint Birgitt Bender. Die gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen verlangt, die rund 8,1 Millionen Privatversicherungen in einem Schritt in die von SPD und Grünen favorisierte Bürgerversicherung einzubeziehen. Der Übergriff auf die angesparten Kapitalreserven käme einer Enteignung gleich, empören sich die privaten Krankenversicherungen (PKV).

Bisher war Rot-Grün aus verfassungsrechtlichen Gründen von einem Bestandsschutz für die heute privat Versicherten ausgegangen und wollte lediglich die neu ins Arbeitsleben tretenden gut verdienenden Arbeitnehmer, Selbstständige und Beamte zu Zwangsmitgliedern der Bürgerversicherung machen. Bender verwies nun im Handelsblatt (Ausgabe vom 21. März) auf Verfassungsgutachten, denen zufolge ein solcher Bestandsschutz nicht nötig wäre. Details des neuen Konzepts sollen auf dem Parteitag im Herbst verabschiedet werden.

PKV-Vollversicherung wäre weg

Demnach würde die PKV das Geschäft mit der Krankheitsvollversicherung verlieren und könnte nur noch private Zusatztarife für alle 80 Millionen Bürgerversicherte anbieten. Allerdings sollen heutige Privatversicherte ihren Status als Privatpatienten nicht verlieren, sondern neben dem Beitrag zur Bürgerversicherung einen risikoorientierten Zusatzbeitrag zahlen, der die Mehrleistungen der PKV gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung (wie höhere Arzthonorare oder Chefarztbehandlung) abdeckt.

Dieser Zusatzbeitrag soll mit 22 Milliarden Euro aus den Altersrückstellungen (von insgesamt 55 Milliarden Euro) subventioniert werden, die privat Versicherte heute als Vorsorge für die Krankheitskosten im Alter ansparen. Die restlichen Milliarden aus den Rückstellungen könnten in den Finanzausgleich der GKV fließen. So könne der Beitragssatz unmittelbar nach Einführung der Bürgerversicherung deutlicher als in den bisherigen Konzepten gesenkt werden, meint Bender.

PKV: "Ausgeschlossen"

Dieser Zugriff auf die Altersrückstellungen sei "verfassungsrechtlich ausgeschlossen" und gleichbedeutend mit Enteignung, lautete die Reaktion von Sybille Sahmer vom PKV-Verband am 21. März in Köln. Die stellvertretende Verbandsdirektorin warf den Grünen vor, es gehe bei der Bürgerversicherung nur darum, neue Finanzquellen für die GKV zu erschließen. Den von den Privatversicherten angesparten Kapitalreserven stünden Ansprüche der Versicherten gegenüber, die denen nicht einfach entzogen werden könnten. Die Umlagefinanzierung der GKV auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten würde bedeuten, die Kapitaldeckung der PKV zu beseitigen und die nachwachsenden Generationen noch stärker zu belasten, kritisierte Sahmer.

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