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Generika-Hersteller fördern werbefreie Praxissoftware

BERLIN (ks). Von Pharmaunternehmen gesponserte Software für Arztpraxen ist in den vergangenen Wochen wiederholt ins Blickfeld der Medien geraten. Den Sponsor-Firmen – zumeist große Generika-Hersteller und Importeure – wird vorgeworfen, das Verordnungsverhalten der Ärzte zu ihren Gunsten zu manipulieren. Der von kleineren Generika-Unternehmen geförderte Verein für werbefreie Praxissoftware e.V. (VFWPS) will diesen Praktiken auf den Grund gehen und die Öffentlichkeit weiter für das Thema sensibilisieren.

Der Deutsche Generikaverband, der nach der Gründung von Pro Generika nur noch kleinere mittelständische Generika-Hersteller vertritt, stellte die Arbeit des VFWPS am 16. Dezember in Berlin vor.

Apotheken sind werbefrei

Während Apotheken mit einer werbefreien Software arbeiten, wurde die erst später eingeführte Arzt-Software von Anfang an mit Werbung versehen. Einige Jahre wurde dem Phänomen wenig Beachtung geschenkt, doch nun wehren sich die kleineren Unternehmen gegen die wachsende Dominanz von Firmen wie Ratiopharm und Hexal. Peter Jungblut-Wischmann vom VFWPS erläuterte, dass sich ein Oligopol beim Sponsoring von Praxissoftware gebildet habe: So halten die vier größten unter insgesamt 300 Anbietern von Praxissoftware einen Marktanteil von rund 60 Prozent. Dahinter stehen die Firmen Stada, Hexal, Ratiopharm, Emra-Med, Eurim-Pharm und Kohl-Pharma als Sponsoren.

Als "Sponsern" versteht der VFWPS die maximale Präsenz eines Anbieters zum Zeitpunkt der Verordnung durch Produktvorschläge bzw. automatische Substitution des vom Arzt gewählten Medikaments. Jungblut-Wischmann betonte, dass dies den Arzt nicht hinsichtlich des Preises oder der Qualität steure. Da die Zeit zwischen Diagnose und Verordnung in der Praxis nur einige Sekunden beträgt, handle es sich um eine äuūerst effektive Beeinflussung zugunsten der Hersteller. Einer Befragung zufolge lassen sich gute 80 Prozent der Ärzte bei Verordnungen zumindest gelegentlich von der Auswahl ihrer Software beeinflussen.

Leidtragender Patient

Auswirkungen hat dies dem VFWPS zufolge nicht nur auf die mittelständischen Generika-Unternehmen, sondern auch auf die Patienten. So werde die Arzneimittelsicherheit gefährdet, wenn nicht das Medikament auf dem Rezept steht, das der Arzt eigentlich verordnen wollte – insbesondere, wenn es sich um Wirkstoffe mit einer engen therapeutischen Breite handelt. Dies könne zu höheren Folgekosten und letztlich auch steigenden Krankenkassenbeiträgen führen. Auch würden gerade ältere Patienten verunsichert, wenn sie andere als die ihnen bereits vertrauten Präparate erhielten.

Krankenkasse sollen eingreifen

Der VFWPS will nun verstärkt die Politik auf das Problemfeld lenken. So war auch der SPD-Bundestagsabgeordnete und Arzt Wolfgang Wodarg zum Pressegespräch geladen. Auch Wodarg sind die Manipulationsmöglichkeiten der gesponserten Software nicht neu. Allerdings sieht er offenbar wenig Spielraum, politisch tätig zu werden. Er appellierte an die Krankenkassen eigeninitiativ tätig zu werden. Sie sollen – am besten gemeinsam mit der Bundesärztekammer – eine Strategie entwickeln, wie diesem Trend zu begegnen ist. "Es ist traurig, dass der Gesetzgeber die Kassen zum Jagen tragen muss", so Wodarg.

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