Krankengeldanspruch: Ärztliches Attest nicht immer ausreichend

Kassel (ks). Wer sich von seinem Arzt krankschreiben lässt, kann nicht darauf vertrauen, dass dies stets einen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld begründet. In einem aktuellen Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass das (vertrags-) ärztliche Attest nicht weiter hilft, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zuvor festgestellt hat, dass die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt ist. (Urteil des BSG Kassel vom 8. November, Az.: B 1 KR 18/04 R)

Das BSG hatte über den Fall einer Versicherten zu entscheiden, die wegen Doppelsehens und einer Depression arbeitsunfähig krank war. Zunächst erhielt die Patientin Entgeltfortzahlung ihres Arbeitgebers. Danach veranlasste die beklagte Krankenkasse eine Begutachtung ihrer Versicherten durch den MDK. Dieser kam nach einer Untersuchung Anfang April 1997 zu dem Ergebnis, dass die Patientin nur bis zum 20. April 1997 arbeitsunfähig sei und anschließend wieder arbeiten könne. Dies wurde der Patientin am Untersuchungstag auch mitgeteilt.

Arzt ließ Begründung vermissen

Am Folgetag suchte die Versicherte ihren behandelnden Arzt auf. Dieser stellte Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen auch über den 20. April hinaus aus, ohne dabei im Einzelnen darzulegen, weshalb er von der Beurteilung des MDK abwich. Die Diagnosen blieben stets die gleichen. Die Krankenkasse lehnte daraufhin die Gewährung von Krankengeld nach dem 20.April ab. Sie verwies darauf, dass der Arzt nicht ausreichend begründet habe, warum seiner Ansicht nach - entgegen der Beurteilung des MDK - weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Die Versicherte erhob daraufhin Klage.

Das BSG bestätigte nun die Annahme der beklagten Kasse und der Vorinstanzen, die alle zu Lasten der Klägerin entschieden hatten. Da das Attest des behandelnden Arztes keinen höheren Beweiswert habe als das MDK-Gutachten, müssten die Krankenkasse und die Gerichte nicht zwingend vom Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ausgehen. Lasse sich nicht mehr zweifelsfrei aufklären, ob tatsächlich Arbeitsunfähigkeit vorlag, gehe dies zu Lasten des Versicherten.

In einem Fall, wie dem vorliegenden, dürfe ein Versicherter nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass ihm seine Kasse allein deshalb Krankengeld gewährt, weil ihm sein behandelnder Arzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, so die Richter. Denn die ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung habe lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme.

Eine erneute weitere Begutachtung fand hier nicht statt, weil der MDK nur einen Tag zuvor in einem Gutachten Arbeitsfähigkeit ab dem 21. April ausdrücklich bejaht und der behandelnde Arzt diesem Ergebnis nicht substantiiert widersprochen hatte.

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