Koalitionsverhandlungen: Union und SPD planen neues Arzneimittel-Sparpaket

BERLIN (ks). SPD und Union haben auch in der vergangenen Woche ihre Schwierigkeiten gehabt, in der Gesundheitspolitik zueinander zu finden. In einem Punkt wurden sich die Unterhändler der zuständigen Arbeitsgruppe jedoch einig: Um die Kassenfinanzen im Griff zu behalten, sind Maßnahmen der Kostendämpfung notwendig. Die designierte Kanzlerin Angela Merkel sprach von zwei Mrd. Euro, die jedes Jahr gespart werden müssten. Angesetzt werden soll einmal mehr bei den Arzneimitteln.

Eigentlich sollten sämtliche Ressort-Arbeitsgruppen am 2. November ihre Ergebnisse vorlegen, damit die große Koalitionsrunde in ihrem Verhandlungsendspurt auf diese zurückgreifen kann. Doch dann kam es zu Wochenbeginn zu einigen Überraschungen und der Fahrplan geriet ins Schlingern: Seit dem 31. Oktober sind Franz Münteferings Tage als SPD-Vorsitzender gezählt, weil er nicht akzeptieren konnte, dass der SPD-Vorstand Andrea Nahles als Generalsekretärin wollte. Seine Pläne Bundesarbeitsminister und Vizekanzler zu werden, hat Müntefering hingegen nicht aufgegeben.

Nahles kündigte unterdessen an, auf dem Parteitag nicht mehr für das Amt der Generalsekretärin zu kandidieren. Edmund Stoiber nahm Münteferings Rückzug zum Anlass, sich wieder auf sein Amt als bayrischer Ministerpräsident zu besinnen. Statt ihm soll nun der bisherige CSU-Landesgruppenchef des Bundestags, Michael Glos, Wirtschaftsminister werden. Während man für Stoibers Zickzackkurs auch in den eigenen Reihen wenig Verständnis hat, konnte die SPD für sich verbuchen, dass sie in Windeseile einen Nachfolger für Müntefering gefunden hat - den Ministerpräsidenten Brandenburgs, Matthias Platzeck. Auch in der Union wurde diese Entscheidung wohlwollend aufgenommen.

Trotz dieser personellen Querelen versuchte man die Arbeit in den Fachgruppen ungestört weiterzuführen. Aus dem Zirkel um Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und Wolfgang Zöller war allerdings wenig zu hören. Eigentlich hat man sich ein Schweigegelübde bis zur endgültigen Einigung aufgelegt. Doch gänzlich lässt sich die Öffentlichkeit nicht ausschließen. So sickerte durch, dass sich Union und SPD auf ein Arzneimittel-Sparpaket einigen konnten.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und das "Handelsblatt" berichteten am 4. November übereinstimmend, dass hierfür unter anderem Naturalrabatte an Apotheker verboten werden sollen. Damit das klappt, sollen Generikahersteller künftig einen zusätzlichen Rabatt von 5 Prozent direkt an die gesetzlichen Krankenkassen zahlen. Dies soll der GKV Einsparungen von mehr als 500 Mio. Euro bescheren. Darüber hinaus sei geplant, die Arzneimittelpreise für zwei Jahre einzufrieren. Auch an der Festbetragsregelung für patentgeschützte Arzneimittel sollen Änderungen vorgenommen werden. Die Union hat dabei vor Augen, die Arzneimittelforschung zu fördern - jedenfalls soweit sie sich mit "Innovationen" befasst. Dieser Begriff soll der FAZ zufolge neu definiert werden.

Streit um Einnahmenseite

Über grundsätzliche Reformen in der Kranken- und Pflegeversicherung tat man sich in der Arbeitsgruppe hingegen schwer. So will sich die Union nicht mit der SPD-Forderung anfreunden, die Versicherungspflichtgrenze von derzeit 3.900 auf 5.200 Euro Monatseinkommen anzuheben. Sie fürchtet eine Art "Bürgerversicherung durch die Hintertür", wenn besser verdienenden Angestellten der Wechsel von der gesetzlichen in die private Versicherung derart erschwert würde. Im Gegenzug stellt sich die SPD stur, wenn es um den Unions-Vorschlag geht, den Arbeitgeberanteil an den Kassenbeiträgen festzuschreiben.

Spitzenrunde soll's richten

Am Abend des 3. November sollten die Vorschläge in der großen Koalitionsrunde besprochen werden. Dort zeigte sich aber nur, dass die Verhandlungen festgefahren sind. Ein für den folgenden Tag geplanter weiterer Verhandlungstermin der Gesundheitsexperten wurde kurzfristig abgesetzt. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wollen Union und SPD die Verhandlungen über die Gesundheitspolitik jetzt in einer Spitzenrunde mit Merkel, Stoiber, Platzeck und Müntefering wieder in Gang bringen. Die Zeit wird langsam knapp. Ende dieser Woche soll der Koalitionsvertrag stehen. Auf den Parteitagen von Union und SPD soll am 14. November über die Vereinbarung abgestimmt werden. Für die SPD steht zu diesem Zeitpunkt auch die Wahl ihres neuen Parteichefs an.

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