Randnotitz

Tollhaus Justitia

Wer in den letzten Wochen die veröffentlichten Entscheidungen deutscher Gerichte zum Thema Gutscheine und Bonustaler verfolgt hat, glaubt sich im Tollhaus von Madame Justitia.

Fall 1: Das Oberlandesgericht Naumburg (Sachsen-Anhalt) entschied am 26. August, dass die Kundenwerbung von Apotheken mit einem Fünf-Euro-Gutschein unter keinerlei Gesichtspunkten wettbewerbswidrig sei. Die Versandapotheke "Zur Rose" in Halle, an der die Schweizer Gruppe "Zur Rose" beteiligt zu sein scheint (in Deutschland behördlich genehmigter Fremdbesitz?), darf demnach mit einem Einkaufsgutschein über fünf Euro Kunden anlocken (O-Ton Zur Rose: "So bedanken wir uns für Ihren ersten Einkauf oder die Einlösung Ihres ersten Rezeptes" [sic!]). Nach Auffassung der Naumburger Richter werden Kunden dadurch nicht zum Kauf eines bestimmten rezeptpflichtigen Arzneimittels verleitet. Meine Herren Richter, wenn für die Rezepteinlösung geworben wird, dann erwirbt der Kunde ein verschreibungspflichtiges und damit preisgebundenes Arzneimittel. Erhält der Kunde dafür einen Fünf-Euro-Gutschein, wird - nach gesundem Menschenverstand - die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) unterlaufen. Alles andere sind juristische Winkelzüge - oder gibt es bereit ein "Lex Rosae"?

Fall 2: Am 20. September untersagte das Oberlandesgericht Köln per Einstweiliger Verfügung die Werbung mit Einkaufsgutscheinen. Eine Apotheke hatte damit geworben, dass Kunden, die ein Rezept einreichen, einen Gutschein über drei Euro erhalten, der beim Kauf rezeptfreier Arzneimittel eingelöst werden könne. Hier befand das Gericht, dass diese Ankündigung gegen die Vorschriften der AMpreisV verstößt - und damit wettbewerbswidrig ist. Die Gewährung eines Gutscheines für rezeptfreie Arzneimittel anlässlich einer Rezepteinlösung stellt sich für den Verbraucher bereits als Nachlass für das rezeptpflichtige Arzneimittel dar.

Wenn ich diese beiden Fälle vergleiche, drängt sich mir die Frage auf: An wessen Verstand darf ich da zweifeln? Oder hätte diese Apotheke besser einen Fünf-Euro-Gutschein ausgegeben statt knauserig mit drei Euro zu werben?

Fall 3: Wieder einen Monat später, am 20. Oktober, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt, dass bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Bonustaler gewährt werden dürfen, da dies gegen die AMpreisV verstößt. Also, 2:1 für Recht und Ordnung. Die sachsen-anhaltinischen Richter sollten ihren Schmusekurs fürs Röschen überdenken!

Peter Ditzel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.