KBV-Tagung zum Gesundheitswesen: Sozialpolitik: Seehofer droht bereits seine Mit

BERLIN (ks). Auch wenn der ehemalige Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) im nächsten Bundeskabinett das Amt des Ministers für Landwirtschaft und Verbraucherschutz übernehmen wird: Die Sozialpolitik ist und bleibt sein Thema. Dies bewies er auf einer Tagung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 26. Oktober in Berlin. Zu sprechen kam er dabei auch auf die steigenden Arzneimittelausgaben der GKV: Schuld daran seien nicht die Ärzte, sondern "international agierende Konzerne".

Wenn Pharmafirmen drohen, angesichts der deutschen Arzneimittelpolitik ihre ins Ausland zu verlagern, beeindruckt dies Seehofer wenig. Er betonte, dass die Abwanderung der pharmazeutischen Forschung aus Deutschland am stärksten war, als das Geschäft für die Hersteller am besten lief. Wenn der Markt viel abwirft, sehe sich kaum jemand veranlasst, innovative Forschung zu betreiben. Stattdessen habe sich die Industrie auf Mitnahme-Effekte konzentriert und weniger aufwändige Me-Too-Präparate entwickelt.

Seehofer verwies darauf, dass die Kosten für nicht-festbetragsgeregelte Arzneimittel in den Jahren 1998 bis 2002 von acht auf 15 Mrd. Euro gestiegen seien. Dies sei medizinisch nicht zu begründen. Wenn man die Arzneimittelpreise im Griff behalten wolle, müsse man daher bei der Preisgestaltung ansetzen, erklärte Seehofer. Die Kassen - gesetzliche wie private - müssten mehr Möglichkeiten erhalten, Verträge mit Herstellern abzuschließen. Den Menschen sei es nicht zu erklären, dass sie zu einer höheren Eigenbeteilung herangezogen werden, während im Arzneimittelbereich noch ein Sparpotenzial von fast 3 Mrd. Euro stecke.

Vertragswettbewerb stärken

Reformen auf der Ausgabenseite haben für den CSU-Politiker derzeit ohnehin Vorrang. Gelingen diese nicht, so würden die Bürger eine Reform der Einnahmeseite nicht hinnehmen. Seehofer hält auch nichts davon, Gesundheitsreformen stets damit zu begründen, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssten. Die Kosten, die der demographische Wandel und der medizinische Fortschritt mit sich bringen, könnten keinesfalls nur über die Lohnnebenkosten abgewickelt werden, so Seehofer. Er setzt daher auf Strukturveränderung: mehr Wettbewerb, Transparenz und Wahlfreiheit. Leistungserbringer und Krankenkassen müssten sich auf einen massiv gestärkten Vertragswettbewerb einstellen. Für alle Beteiligten müssten die Gestaltungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Vertragsoligopole im Gesundheitswesen hält Seehofer für "nicht mehr zeitgemäß".

Mehr "Marktwirtschaft"

Grundsätzlich will Seehofer mehr soziale Marktwirtschaft ins Gesundheitswesen bringen. Es sei bemerkenswert, dass dagegen vor allem jene ankämpfen, die sich selbst als Vertreter der Marktwirtschaft verstehen. Dies sagte er mit Blick auf die Industrie, aber auch auf die Apotheker: So könne er noch immer nicht begreifen, warum die "für die Weltpolitik entscheidende Frage", ob eine Apotheke zwei, drei oder mehr Zweigstellen haben dürfe, nur durch ein mitternächtliches Telefonat zweier Parteichefs gelöst werden konnte. Ebenso wenig verstehe er, welches Aufhebens vor gut zwei Jahren um die Einführung des Arzneimittelversandhandels gemacht wurde - seiner jetzigen Bedeutung in der Praxis werde der damals geführte Kampf jedenfalls nicht gerecht.

Keine Änderung bei Ehegattenversicherung

Der CSU-Vize sprach sich darüber hinaus für eine Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge zur GKV aus. Zudem plädierte er dafür, familienpolitische Leistungen aus der GKV auszugliedern und Schritt für Schritt über Steuern zu finanzieren: "Diesen Teil der Gesundheitsprämie habe ich immer bejaht - aber dafür braucht man keine Prämie". Skeptisch betrachtet Seehofer hingegen die in die Koalitionsgespräche ebenfalls eingebrachten Vorschläge eines "negativen Ehegattensplittings" und einer erhöhten Beitragsbemessungsgrenze.

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