Beitragssatzsicherungsgesetz: Bundesverfassungsgericht: Erhöhte Rabatte im Jahr

Karlsruhe (ks). Nachdem das GKV-Modernisierungsgesetz bereits fast zwei Jahre in Kraft ist, mag das im Dezember 2002 verabschiedete Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) schon fast in Vergessenheit geraten sein. Das so genannte Vorschaltgesetz, das bereits vor der großen Gesundheitsreform für stabile Kassenbeiträge sorgen sollte, hatte auch den Apothekern erheblich zugesetzt. Die Länder Baden-Württemberg und Saarland hatten gegen das BSSichG Klage vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhoben, weil es - ihrer Ansicht nach zu Unrecht - ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen wurde. Nun haben die Karlsruher Richter entschieden, dass das Gesetz verfassungsgemäß zustande kam. Beschluss des BVerfG vom 13. September 2005, Az.: 2 BvF 2/03

Die rot-grüne Bundesregierung wollte mit dem BSSichG die finanzielle Basis der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung stärken, das Beitragssatzniveau für das Jahr 2003 stabilisieren und der GKV finanziellen Spielraum für strukturelle Reformmaßnahmen verschaffen. Um die Arzneimittelausgaben zu senken und die Kassen finanziell zu entlasten, wurden unter anderem erhöhte Rabattverpflichtungen für Apotheker, pharmazeutische Großhändler und Arzneimittelhersteller im Jahr 2003 eingeführt. Die Maßnahmen wurden umgesetzt durch eine Reihe von Gesetzesänderungen und -ergänzungen, vor allem im Sozialgesetzbuch V (SGB V).

Länder mussten nicht zustimmen

Der Zweite Senat des BVerfG kam zu dem Schluss, dass das BSSichG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Weder habe es der Zustimmung des Bundesrates bedurft, noch verletzten seine Bestimmungen Grundrechte, insbesondere nicht Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). In dem Beschluss wird umfassend ausgeführt, dass unter keinem Gesichtspunkt eine Zustimmungspflicht der Länder bestanden hat. So regelt der mit dem Gesetz neu eingeführte § 130a Abs. 8 SGB V , dass Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen über deren Rabattverpflichtungen hinaus weitere Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren können.

Derartige Verfahrensbestimmungen haben den Karlsruher Richtern zufolge keinen die Zustimmungsbedürftigkeit auslösenden Regelungscharakter, wenn sie keinen neuen Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder darstellen, sondern eine bestehende Verfahrensregelung nur konkretisieren. Doch nur letzteres ist nach Auffassung des Senats der Fall. Auch die Einführung von Abschlägen für pharmazeutische Großhändler führte nicht zu einer Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes. Zwar wäre eine im Wege einer Verordnung erfolgte Änderung der bestehenden Handelsspannenreglementierung nach Art. 80 Abs. 2 GG zustimmungsbedürftig gewesen. Die Ergänzung der Handelsspannenreglementierung durch förmliches Gesetz vermied jedoch die Zustimmungsbedürftigkeit.

Berufsfreiheit nicht verletzt

Über die formellen Fragen hinaus konnten die Richter auch keinen Eingriff in die Berufsfreiheit erkennen. In dem Beschluss wird dazu ausgeführt, dass jede Preisreglementierung die berufliche Betätigung berühre, also eine Berufsausübungsregelung enthalte. Derartige Regelungen können aber durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dazu gehört auch die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV, wie sie mit dem BSSichG verfolgt wurde.

Die Eingriffe sind den Richtern zufolge auch geeignet und erforderlich gewesen. Denn die Senkung der Arzneimittelpreise und der Vergütungen ärztlicher und zahntechnischer Leistungen können zur Ausgabenbegrenzung der Krankenkassen beitragen. Dabei sei es auch erforderlich gewesen, Apotheker und Großhändler an der Abrechnung des Herstellerrabatts zu beteiligen. Schließlich seien die Preisregulierungen den Betroffenen auch zuzumuten gewesen. Soweit geltend gemacht wurde, dass bei Apotheken durch die "additive" Gesamtbelastung aller derzeit wirkenden Grundrechtseingriffe das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschritten sei, stützen sich diese Ausführungen überwiegend auf Vermutungen, so die Richter. Dies sei nicht ausreichend, um das BVerfG zu einem Eingriff zu veranlassen.

Schmidt ist erfreut

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt begrüßte den Beschluss: Alle Beteiligten, auch Apotheker sowie die Pharmaindustrie, müssten ihren Beitrag dazu leisten, dass die Kassenbeiträge stabil bleiben. "Da kann es keine geschützten Räume geben", so Schmidt.

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