- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 40/2005
- Alternative Heilmethoden...
Alternative Heilmethoden: Stiftung Warentest hält wenig von Homöopathie
Bereits vor 15 Jahren hatte die Stiftung Warentest ein Buch unter dem gleichen Titel herausgegeben - in der Medizin ist dies eine lange Zeit. Mittlerweile liegen nicht nur mehr Studien vor, auch die evidenzbasierte Medizin hat sich weitgehend etabliert. Nach ihren Standards beurteilten die Autorinnen Vera Herbst und Krista Federspiel die unterschiedlichen alternativen Heilmethoden.
Herbst erläuterte, dass es dabei nicht darauf ankomme, ob das Konzept eines Verfahrens plausibel ist - entscheidend sei allein, welche Effektivität in Studien festgestellt werden konnte. Im Rahmen einer Literaturrecherche beurteilten die Autorinnen gängige Verfahren von A wie Akupressur bis Z wie Zelltherapie. Die Bewertung wurde stets indikationsbezogen vorgenommen. Die Ergebnisse fielen für die einzelnen Methoden und Anwendungsgebiete sehr unterschiedlich aus.
Ein Drittel der Methoden erhielt durchaus das Prädikat "geeignet" - so etwa die Akupunktur für die Indikationen Arthrose, Erbrechen, Rücken- und Zahnschmerzen oder die Hypnose bei Ängsten, Schlafstörungen, Reizdarm und Tinnitus.
Anders sieht es etwa bei der Bachblüten- und Bioresonanztherapie sowie der Sauerstoff-Mehrschnitt-Therapie aus. Hier konnten die Autorinnen keine Studien ausmachen, die die Wirksamkeit belegen. Auch ayurvedische Arzneimittel schnitten schlecht ab, zumal diese hierzulande nicht zugelassen sind und importierte Mittel häufig verunreinigt sind.
Nur schwache Wirksamkeitsbelege
Auch für die Anhänger der in Deutschland wohl populärsten alternativen Therapieform - der Homöopathie - ist das Buch der Stiftung Warentest ein Dämpfer: Zwar gebe es bei einer Reihe von Erkrankungen Hinweise auf eine Wirksamkeit der homöopathischen Behandlung, erläuterte Herbst. "Diese sind jedoch so schwach, dass sie sich von Placebo–effekten nicht abgrenzen lassen." Es habe sich gezeigt, dass die Wirksamkeitsbelege immer schwächer werden, je anspruchsvoller die Studien sind, erklärte sie mit Blick auf die im August im "Lancet" veröffentlichte Homöopathie-Studie.
Die Nutzen-Risiko-Abwägung der Autorinnen fällt daher eher negativ aus. Im Ergebnis stufen sie die Homöopathie in sämtlichen untersuchten Indikationen als "wenig geeignet" ein. Als allgemeines Behandlungskonzept zur Behandlung von Krankheiten und Störungen ist die Homöopathie nach ihrem Urteil nicht geeignet.
Ärzte und Industrie: Verbraucher verunsichert
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZhÄ) kritisierte, die Stiftung habe die Studien zur Homöopathie einseitig ausgewählt und interpretiert. Beim DZhÄ ist man überzeugt, dass sich ohne großen Aufwand eine Vielzahl positiver Studien nennen ließe und die Aussage eine andere sein müsste. Mit ihrem Urteil verunsichere die Stiftung Warentest "Millionen von Patienten, die sich jährlich erfolgreich homöopathisch behandeln lassen" und stelle die homöopathische Ärzteschaft als "Scharlatane" dar.
Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zeigte man sich über die jüngste Publikation der Stiftung Warentest "verwundert": Sie erkläre eine "knapp 3000 Jahre alte Heilmedizin zum Placebo, nur weil deren Wirkung wissenschaftlich noch nicht umfassend belegt ist", sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Er räumte ein, dass es sicherlich auch "so genannte Heilmethoden gibt, deren Wirksamkeit zweifelhaft ist". Dennoch würden schulmedizinisch austherapierte, chronisch kranke Menschen mit Hilfe alternativer Verfahren geheilt oder erfahren zumindest deutliche Linderung. "Hochwertige Arzneimittel also pauschal abzuwerten, ist fahrlässig", so Fahrenkamp.
Herbst: Schulmedizin kann von Homöopathie lernen
Herbst griff die Kritik auf: Es sei verständlich, wenn den homöopathischen Ärzten das Ergebnis nicht gefalle – es könne aber auch als "Brückenschlag" gesehen werden. Denn "auch die Placebowirkung ist sehr sinnvoll", erklärte die Autorin. Und die Art und Weise, wie Homöopathen mit ihren Patienten umgehen, hält sie für vorbildlich: "Hier kann die etablierte Medizin noch etwas lernen."
Stiftung: Alternativmedizin selber zahlen
Hubertus Primus, Bereichsleiter –Publikationen bei der Stiftung Warentest, sprach sich angesichts der Ergebnisse dafür aus, das Privileg für besondere Therapieformen in der gesetzlichen Krankenversicherung abzuschaffen: "Der GKV-Leistungskatalog sollte sich auf die Schulmedizin beschränken. Wer an alternative Heilmethoden glaubt, kann hierfür auch selbst zahlen." Den Gemeinsamen Bundesausschuss forderte Primus auf, die bestehenden Erstattungsmöglichkeiten für alternative Heilmethoden zu kassieren.
Das Buch "Die Andere Medizin" ist ab sofort für 34 Euro im Buchhandel erhältlich.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.