Apothekerverband Nordrhein: Pfizer gibt sich diskussionsbereit

Neuss (bra) Bei seinem Vorhaben, gegen den Pharmazeutischen Großhandel und die Apotheken ein neues Liefersystem durchzusetzen, verändert der Pharma-Multi Pfizer die Tonlage. Man zeigt sich jetzt diskussionsbereit.

Auf der 89. Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Nordrhein betonte Klaus Schlüter, Leiter der Abteilung Healthcare Management bei Pfizer Deutschland, das Unternehmen beabsichtige nicht, das funktionierende Distributionssystem in Deutschland oder die Struktur der Großhandelslandschaft zu zerschlagen. Auch ziele man mit dem neuen Liefersystem (siehe DAZ Nr. 31, Nr. 33 und Nr. 36), das bis zur zweiten Hälfte 2006 realisiert werden soll, nicht auf eine Selektion von Apotheken; man wolle weder die Arzneimittelpreisverordnung angreifen noch zusätzliches Geld verdienen. Es gehe Pfizer allein darum, das Eindringen von Arzneimittelfälschungen zu bekämpfen und in Deutschland die Verfügbarkeit von Pfizerprodukten zu verbessern.

Pfizerprodukte wie Sortis und Norvasc, die in Deutschland vom Hersteller billiger angeboten werden als im Ausland, werden offensichtlich in Deutschland in größerem Umfang von Exporteuren aufgekauft und z. B. in Hochpreisländer wie Großbritannien oder Österreich verkauft. Deutschland, einstmals durchgängig selbst ein Hochpreisland, in das Importe vom niederpreisigeren Ausland flossen, ist inzwischen zum Teil zum Niedrigpreisland geworden - mit den typischen Lieferproblemen, die früher nur aus alten Niedrigpreisländern wie Spanien und Portugal berichtet wurden.

Schlüter betonte ferner, Pfizer wolle über sein geplantes Liefersystem (der Großhandel fungiert nur noch als weisungsgebundener Logistiker, Pfizer erhält alle Bestelldaten, fakturiert im eigenen Namen, entscheidet über die Konditionen) keinen Zugriff auf Arzt- und Patientendaten erhalten. Der Apotheker solle Wahlmöglichkeiten behalten. Anders als ursprünglich vorgesehen habe man inzwischen alle Großhandlungen aufgefordert, ein Angebot für die Beteiligung an dem neuen Liefersystem abzugeben. Pfizers "Request for Proposal", in dem die Bedingungen aufgeführt sind, die ein Großhandel erfüllen muss, wenn er als Logistiker für Pfizer ins Spiel kommen will, bezeichnete Schlüter in Düsseldorf - abweichen von der bisherigen Tonlage - als "Diskussionsangebot".

Die Zusicherungen des Pfizer-Vertreters stießen bei den Delegierten der Mitgliederversammlung durchgehend auf Skepsis. "Warum sollen wir Ihnen das glauben?" - so der Vorsitzende des AV-Nordrhein, Thomas Preis. Die Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen, so auch viele Delegierte, werde nur vorgeschoben. Das zeigten schon die Zahlen, die Schlüter selbst vorlegte. Danach spielten Fälschungen - anders als in Amerika und Asien - in Europa und Deutschland praktisch keine Rolle.

Die bekannt gewordenen Fälle beträfen nahezu ausschließlich den Versandhandel. Das normale Distributionssystem Hersteller/Großhandel/Apotheken habe sich in Deutschland als außerordentlich sicher erwiesen. Deshalb müssten hinter Pfizers Versuch, hier wesentliche Änderungen zu erzwingen, andere Absichten stehen. Wenn sich das von Pfizer propagierte System durchsetzte, befördere dies den Fremd- und Mehrbesitz - so Werner Heuking, der stellvertretende Vorsitzende des Apothekerverbandes. "Sie werden sich daran die Finger verbrennen", sagte Heuking in Richtung Schlüter. Der Pfizer-Vertreter bestritt vehement, dass man über das neue Belieferungsmodell "aktiv" Fremdbesitz fördern wolle. Man wolle das bestehende System optimieren. Dabei sei man gesprächsbereit.

Die auf der Mitgliederversammlung deutlich gewordene, durchgehende Ablehnung des Pfizer-Modells zur Apothekenbelieferung kam auch in einer Resolution zum Ausdruck, die einstimmig angenommen wurde. Dort heißt es, die Pfizer-Vorstellungen würden von den nordrheinischen Apothekern mit großer Sorge verfolgt. Sie könnten dem System der Arzneimitteldistribution in Deutschland und damit auch der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung insgesamt schweren Schaden zufügen. Wenn jeder Apotheke zu jedem Hersteller von Arzneimitteln individuelle Vertragsbeziehungen unterhalten müssten, würden sich die Verwaltungskosten in den Apotheken (und bei den Herstellern!) zudem unzumutbar erhöhen.

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