Kommentar

Die Zündschnur brennt noch immer

Pfizer will das Distributionssystem für seine Ware auf Direktbelieferung umstellen (siehe mein Editorial "Die Bombe" in DAZ Nr. 33). Ein entsprechendes Vertrags–angebot liegt den Großhändlern vor. Sie sollen nach Pfizers Vorstellungen lediglich als Logistiker funktionieren, die Hoheit über die Pfizer-Ware will der Konzern bis in die Apotheke hinein behalten, der Großhandel erledigt die Fakturierung nur im Auftrag Pfizers, die Apotheke erhält eine gesonderte Rechnung über Pfizer-Produkte. Pfizer will letztendlich darüber entscheiden können, ob und wie viel Ware der Apotheke zugeteilt wird. Als Gründe für diese - in meinen Augen - systemverändernde Distributionsumstellung nennt der US-Konzern Arzneimittelfälschungen und Verschieben der Ware in schwarze Kanäle, wodurch sich immer wieder Lieferprobleme, aber auch Verluste für das Unternehmen ergäben. In der Tat gibt es diese beiden Probleme, aber sie sind, da sind sich Experten einig, auch anders lösbar als mit der radikalen Pfizer-Methode. Denn sollte sich der Konzern durchsetzen, und Großhandlungen auf das Pfizer-Papier eingehen, hätte dies Folgen ungeahnten Ausmaßes für die einzelne Apotheke, aber auch für unser gesamtes Gesundheitswesen.

Nur stichwortartig ein kleiner Vorgeschmack, welche Lawine ausgelöst wird: Zerstörung des Großhandels in seiner heutigen Form, Trennung in Teil- und Vollsortimenter, Verhandlungen über Konditionen nur mit dem Hersteller, weitere Hersteller werden sich dem Pfizer-Modell aus Wettbewerbsgründen anschließen (und stehen bereits in den Startlöchern). Außerdem erhält Pfizer Kenntnis über das produktbezogene Einkaufsverhalten jeder einzelnen Apotheke (die gläserne Apotheke wird Realität), das Verordnungsverhalten der Ärzte in der Nähe der Apotheke wird vollkommen transparent. Für ein Unternehmen sind solche Informationen Gold wert, es sind "Quantensprünge in der Effizienz des Pharma-Marketings", wie es ein Insider ausdrückte. Der nächste Schritt wäre dann nur noch die Kenntnis, welcher Patient das Pfizer-Produkt erhalten hat.

Noch hat kein Großhändler das Papier unterschrieben, der Großhandelsverband will in dieser Woche Stellung beziehen. Pfizer bemüht sich derzeit, bei Apothekerverbänden für sein Modell zu werben. Ich hoffe nur, dass hier keiner umkippt. Die Zündschnur für die Pfizer-Bombe brennt noch, wer hilft löschen?

Peter Ditzel

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