Angebliche "Kostenexplosion" bei Arzneimitteln

STUTTGART (ghb). Die Krankenkassen haben die Bekanntgabe der Halbjahreszahlen durch die ABDA genutzt, um die Bürger auf eine "Welle von Beitragserhöhungen" vor–zubereiten. Viele Medien stießen ins gleiche Horn und sprachen von einer "Kostenexplosion" bei den Arzneimitteln. In der Tat sind die Ausgaben der GKV für Arzneimittel im ersten Halbjahr 2005 um 20% gestiegen - was dabei gerne vergessen wird: Die Zahlen des Vorjahres taugen kaum zum Vergleich.

Der Sprecher der Deutschen An–gestellten Krankenkasse (DAK), Jörg Bodanowitz, kündigte für das nächste Jahr "eine Welle von Beitragssatzerhöhungen" an, falls der Ausgabenanstieg anhält. Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, erklärte, er erwarte eine Ausgabensteigerung im Gesamtjahr um bis zu 19 Prozent. "Das könnte bedeuten, dass die gesetzlichen Krankenkassen das Jahr nicht mit einem ausgeglichenen Ergebnis beenden werden, sondern 600 bis 700 Millionen Minus machen", so Kailuweit im "Tagesspiegel".

Barmer-Chef Eckart Fiedler forderte in der "Berliner Zeitung" eine gesetzliche Begrenzung der steigenden Arzneimittelkosten: "Es kann nicht sein, dass die Pharmafirmen in einer für die gesetzliche Krankenversicherung finanziell schwierigen Lage wie derzeit solche Gewinne machen können."

Nach Angaben der ABDA hat die GKV im Juni knapp zwei Milliarden Euro für Arzneimittel aufgewendet. Damit belaufen sich die Ausgaben im ersten Halbjahr insgesamt auf 11,1 Milliarden Euro. Vergleicht man diese mit den ersten sechs Monaten des Vorjahres, ergeben sich Mehrkosten von 1,86 Milliarden Euro, dies entspricht einer Steigerungsrate von 20 Prozent. Allerdings sei ein direkter Vorjahresvergleich wenig hilfreich, da einerseits im Jahr 2004 zeitlich befristete Sparvorschriften galten und sich viele Patienten außerdem wegen des GMG zum Ende 2003 mit Arzneimitteln eingedeckt hatten.

Arzneimittelausgaben 1. Halbjahr 2005

Die ABDA schlüsselt die Mehrausgaben folgendermaßen auf:

  • Absenkung des Herstellerabschlags (gesetzlich vorgeschriebener Rabatt an die GKV) von 16% auf 6%: + 460 Millionen Euro
  • "Statistischer Basiseffekt" (die Ausgaben Anfang 2004 lagen sehr niedrig, da sich viele Menschen Ende 2003 mit Medikamenten bevorratet hatten): + 350 Millionen Euro
  • Zuwachs der Verordnungen: + 350 Millionen Euro
  • Preisänderungen und Umstellung der Therapie ("Struktureffekt"): + 630 Millionen Euro
  • Zunahme der Zuzahlungsbefreiungen: + 240 Millionen Euro
  • Einführung neuer Festbeträge: – 170 Millionen Euro

    Steigerung: 1,86 Milliarden Euro

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