Medikamente unterm Hammer: Verbraucherzentralen warnen vor Internet-Auktionen mi

BERLIN (ks). Wer in Internet-Auktionshäusern auf Arzneimittelschnäppchen hofft, sollte wissen, dass dies Nebenwirkungen haben kann: Eine Studie der Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen hat ergeben, dass der Pillenverkauf bei eBay und Co. nicht immer mit dem Gesetz im Einklang steht und die Arzneimittelsicherheit oft zu kurz kommt. So etwa, wenn Privatpersonen angebrochene Medikamentenpackungen versteigern.

Im Auftrag des Bundesverbraucherschutzministeriums überprüften die drei Verbraucherzentralen zwischen dem 28. April und dem 19. Mai 2005 gezielt verschiedene Auktionsplattformen. Neben dem bedeutendsten Auktionshaus eBay wurden die Portale Atrada.de, Azubo.de und Hood.de sowie der Kleinanzeigenmarkt dhd24.de untersucht. Speziell wurde nach nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sowie nach (rezeptpflichtigen) Antibabypillen gesucht.

Arzneimittel bei allen Auktionsportalen

Die Recherche zeigte, dass Internetauktionen zunehmend zum Vertrieb und Kauf von Arzneimitteln genutzt werden. Bei Marktführer Ebay waren via Suchmaschine über 1000 Präparate von rund 130 Apotheken zu finden. Auch bei allen anderen untersuchten Auktionen waren Arzneimittel entweder als Versteigerung oder als Sofortkauf zu haben. Dabei zeigte sich bei den apotheken-, aber nicht-verschreibungspflichtigen Mitteln ein sehr differenziertes Bild: eBay und Azubo fielen hier durch ein großes Sortiment auf. Anbieter waren fast ausschließlich zugelassene Versandapotheken. Lediglich bei eBay fanden sich vereinzelt auch Privatauktionen, diese wurden jedoch vom Betreiber vorzeitig beendet.

Apotheker, die beim Marktführer Arzneimittel anbieten wollen, müssen dort zunächst einen Antrag stellen. Nur wer die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke und zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln hat, darf mitmachen. eBay behält sich vor, die Angaben bei der zuständigen Behörde zu überprüfen. Diese auch für den Käufer klar ersichtlichen Regelungen beinhalten zudem die Verpflichtung, das Angebot auf rezeptfreie Arzneimittel zu begrenzen.

Diese Transparenz vermissen die Verbraucherschützer bei Azubo. Auch wenn Arzneimittel dort in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als nicht zugelassene Artikel aufgeführt sind, besteht ein umfangreiches Angebot - dahinter steckt in erster Linie eine einzige Apotheke. Bei Hood und Atrada fanden sich gleichlautende AGB. Hier fanden die Projektbeteiligten im Untersuchungszeitraum auch keine Angebote von Apotheken. Allerdings waren bei Hood mehrmals Privatauktionen mit Arzneimitteln zu finden - anders als bei eBay wurden diese weder beanstandet noch vorzeitig beendet.

Bedenklicher Testkauf

Die Verbraucherschützer machten auch einen Testkauf: Über eBay wurde bei einer Versandapotheke das Schlafmittel Betadorm-D bestellt. Um die Versandkosten einzusparen, wurden 15 Packungen mit insgesamt 300 Tabletten geordert. Die Apotheke hatte für die Bestellung keine Höchstmenge vorgegeben und belieferte sie ohne weitere Nachfrage. Doch damit nicht genug: Der beauftragte Paketdienst gab die Lieferung nicht beim Besteller, sondern beim Nachbarn ab. Positiv zu vermerken war, dass die Verbraucherschützer auf allen fünf Portalen keine Apotheke fanden, die verschreibungspflichtige Arzneimittel anbot. Allerdings gab es sehr wohl private Angebote für Antibabypillen - ein eindeutiger Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz.

Lediglich Azubo blieb im Untersuchungszeitraum von solchen Angeboten frei. Bei eBay spürten die Verbraucherschützer 14 Pillen-Offerten auf. Während diese illegalen Angebote bei eBay in der Regel nach ein bis zwei Tagen rausflogen, gab es bei den anderen Portalen offenbar keine Kontrollen. Allerdings fand sich zum Ende der Studie auch bei eBay ein Angebot, das bereits seit vier Tagen eingestellt war und bei dem die Auktion munter lief. Eine Pillen-Packung wurde zudem im Rahmen eines Sofortverkaufs von Privat an Privat verkauft, ehe eine Kontrolle einsetzen konnte.

"Es fehlen drei Stück"

Auch der Zustand der Arzneimittel alarmierte die Verbraucherschützer: Teilweise bezogen sich die Angebote auf bereits geöffnete Packungen und Blister. Bemerkungen in der Artikelbeschreibung wie: "aus der einen Palette fehlen drei Stück, sonst alles da" waren keine Seltenheit.

Gefahr des Hortens

In ihrem Fazit zur Studie heben die Verbraucherzentralen mehrere kritische Punkte hervor: So gingen etwa die häufig fehlenden Angaben zum Artikel sowie zu Risiken und Nebenwirkungen häufig mit einer stark werbenden Darstellung einher. Für die Verbraucherschützer zeugt dies nicht von einem fachgerechten Umgang mit Arzneimitteln. Auch die Versteigerung von Arzneimitteln sehen sie als problematisch an: Es sei nicht auszuschließen, dass Verbraucher animiert werden, mehr Medikamente als nötig zu kaufen und diese zu horten. Hinzu komme, dass - wie bei anderen Versandapotheken auch - ein Wegfall der Versandkosten ab einem bestimmten Bestellwert den Anreiz schaffe, mehr Medikamente als benötigt zu bestellen. Das gleiche gelte für die ebenfalls aufgefundenen Angebote für Mengenrabatte.

Schwache Kontrollen

Die Verbraucherschützer fordern daher stärkere Kontrollen. Insbesondere das Anbieten apothekenpflichtiger Medikamente durch Privatpersonen in Internetauktionen müsse verstärkt beobachtet werden. Auch wenn diese Artikel bislang noch eine Nischenposition einnehmen, müssten angesichts der boomenden Online-Marktplätze rasch bessere Kontrollen erfolgen. Es sei "erschreckend", dass einzig der Marktführer eBay und Azubo Kontrollfunktionen bereitstellen, um zumindest einen Teil der angebotenen Arzneimittel aus ihren Angeboten zu löschen.

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