Regierung in Zeitnot: Trotz Klage: Tabak-Werbeverbot steht bevor

(ghb). Die rot-grüne Bundesregierung gerät in Zeitnot: Sie hat zwar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen ein per EU-Richtlinie festgelegtes Tabakwerbeverbot geklagt, doch diese Richtlinie muss bereits Ende Juli umgesetzt werden. Bis dahin ist eine Entscheidung des EuGH aber nicht zu erwarten. Aus der Tabak- und der Medienindustrie wird Kritik laut.

Am kommenden Mittwoch will das Bundeskabinett eine entsprechende Gesetzesvorlage zum Werbeverbot beraten, wie Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) ankündigen ließ. Die EU-Richtlinie sieht ein Verbot der Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet, nicht aber in speziellen Tabak- und Genussmagazinen vor. Grenzüberschreitendes Sponsoring von Veranstaltungen soll verboten werden – dies würde etwa die Sportserie der Formel 1 hart treffen, die deshalb bereits seit Jahren mit Abwanderung aus Europa droht.

Arbeitsplätze in Gefahr?

Die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger wehren sich: Bei der schlechten Konjunkturlage gefährde jedes Werbeverbot Arbeitsplätze, erklärte der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung das Tabakwerbeverbot umsetze, obwohl sie dagegen zugleich vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg klagt. Eine solche Politik sei unberechenbar. Eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums betonte, die Richtlinie müsse trotz Klage umgesetzt werden.

Werbung verboten, Raucher verdoppelt

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) kritisierte das Verbot als widersinnig: In Italien habe sich die Zahl der Raucher verdoppelt, seit in den sechziger Jahren die Tabakwerbung verboten wurde. Zigaretten würden gerade durch das Verbot für Jugendliche noch attraktiver. Das Volumen der Tabakwerbung in Zeitschriften bezifferte der ZAW auf rund 30 Millionen Euro pro Jahr, bei den Tageszeitungen seien es etwa 40 Millionen Euro.

Politiker uneins

Wie im Streit um die Tabaksteuererhöhung geht in dieser Sache ein Riss durch die Parteien: Als prominenter Gegner lehnt etwa Wirtschaftsminister Clement (SPD) die Richtlinie ab. Dagegen spricht sich Ulla Schmidt, seine Parteigenossin und Gesundheitsministerin, immer wieder für das Verbot aus.

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