Kommentar

"Riesenerfolg"

Einen "Riesenerfolg" wünschte die Bundesgesundheitsministerin der Selbstverwaltung bei der weiteren Entwicklung des Großprojekts "Gesundheitskarte". Einen Riesenerfolg – schon heute ist aber abzusehen, dass es mit diesem Riesenerfolg wohl nichts werden wird, jedenfalls nicht so schnell, wenn überhaupt. Expertenmeinungen zufolge liegen diesmal, anders als beim Toll Collect Desaster, die Schwierigkeiten weniger in der Technik als vielmehr in einer Verständigung und Einigung der beteiligten Partner, den Kassen, Ärzten und Apothekern. Eigentlich sollte die elektronische Gesundheitskarte bereits zum 1. Januar 2006 flächendeckend eingeführt sein.

Doch wertvolle Zeit wurde bisher allein dadurch verloren, dass zwei Organisationen parallel an dem Projekt arbeiteten, ohne sich groß auszutauschen. Während die Selbstverwaltung das Planungsbüro "Protego-Net" ins Rennen schickte, beauftragte die Ministerin ein Indus-triekonsortium unter dem Namen "bIT4-Health-Projekt", die Architektur der Karte zu entwickeln. Dieses Projekt allerdings wurde als Konkurrenz zu dem der Selbstverwaltung angesehen, und wirkte eher behindernd, da nicht das Know-how der Selbstverwaltung zur Verfügung stand. Somit geht ein Teil der Verzögerung auf das Konto des Ministeriums. Seit letzter Woche scheint man einen Schritt voran gekommen zu sein. Die weitere Entwicklung der Karte liegt jetzt in Händen der neu gegründeten Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (Gematik), an der 15 Organisationen beteiligt sind, darunter der Deutsche Apothekerverband (DAV).

"Wir befinden uns im Zeitplan", meint die Ministerin optimistisch, aber mit dieser Meinung dürfte sie ziemlich alleine dastehen. Wohl keiner der unmittelbar Beteiligten glaubt noch, dass die Karte zum 1. Januar 2006 flächendeckend eingeführt werden kann. Oder glauben Sie, dass es in zwölf Monaten machbar ist, Hard- und Software für diese Karte in Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäusern und Krankenkassen reibungslos zum Laufen zu bringen und 80 Millionen Krankenversichertenkarten zu produzieren? Gelänge es, Anfang 2006 die Karte in wenigen Regionen in eine Testphase zu schicken, dann wäre dies bereits ein kleiner Erfolg. Hoffen wir, dass der Patient Herr seiner Daten bleibt und der Datenschutz gewährleistet ist.

Peter Ditzel

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