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Unterversorgung bei Osteoporose: Apotheker klären auf

BERLIN (ks). Um die Behandlung von Osteoporose-Patienten ist es in Deutschland nicht gut bestellt. Laut einer von der Bayerischen Landesapothekerkammer im vergangenen Jahr durchgeführten Untersuchung zur Arzneimittelversorgung von Patienten mit Fettstoffwechselstörungen in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, erhalten nur zehn bis 15 Prozent der gesetzlich versicherten Patienten eine Kombinationstherapie aus einem Bisphosphonat, Calcium und Vitamin D.

Johannes Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), und Prof. Dr. Dr. Walter Schunack von der Freien Universität Berlin stellten die Studie am 12. Februar in Berlin der Öffentlichkeit vor. Metzger nutzte die Gelegenheit, auf die Vorzüge des neuen Preissystems für Arzneimittel hinzuweisen.

"Nun besteht die Chance einer besseren Versorgung", erklärte Metzger. Denn seit diesem Jahr gilt die veränderte Arzneimittelpreisverordnung, dank der beispielsweise innovative Osteoporose-Medikamente im Schnitt um 14,5 Prozent preisgünstiger geworden sind. Der Ertrag der Apotheker wurde bei diesen Präparaten um 51 Prozent abgesenkt, betonte Metzger.

Ein Opfer, das die Apotheker gerne bringen: "Wir haben das so gewollt, damit eine bessere Versorgungsqualität möglich wird", sagte der BAK-Präsident. Wenn derzeit viel darüber geklagt werde, dass sich preiswerte Arzneimittel durch die neue Preisbildung verteuert hätten, dürfe man nicht vergessen, dass im Gegenzug hochpreisige Medikamente günstiger geworden seien.

Abseits der Debatte um die Kosten der Gesundheitsversorgung müsse aber auch die Qualität der Versorgung betrachtet werden, so Metzger. Eben dieser habe sich die auf Initiative der BAK durchgeführte Studie zur Versorgung von Osteoporose-Patienten in Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg angenommen.

Nur ein Viertel wird effektiv behandelt

Schunack stellte die Ergebnisse der Studie vor. Danach wurden im Jahr 2002 fast die Hälfte (45 Prozent) der gesetzlich krankenversicherten Patienten überhaupt nicht behandelt. Nur gut jeder Fünfte erhielt eine Kombinationstherapie aus Bisphosphonat, Calcium und Vitamin D. Allerdings: Die verordneten Bisphosphonate reichten nur für 50 bis 56 Prozent der Tage des Jahres 2002.

Lediglich ca. ein Viertel der Patienten wurde wirklich effektiv behandelt, erklärte Schunack. Bei ihnen wurde der Jahresbedarf an Bisphosphonaten zu mehr als 80 Prozent abgedeckt. Damit liege Deutschland im europäischen Therapievergleich weit hinter Frankreich, England, Italien und Spanien, so Schunack.

Lebensqualität steigern und Kosten sparen

Diese schlechte Versorgungssituation ist alarmierend: Allein in Deutschland sind zur Zeit vier bis sechs Millionen Menschen an Osteoporose erkrankt. Pro Jahr erleiden etwa 120 000 dieser Patienten einen Oberschenkelhalsbruch – jeder Fünfte von ihnen stirbt noch im ersten Jahr nach der Fraktur.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die die Osteoporose auf die Liste der zehn wichtigsten Volkskrankheiten gesetzt hat, wird sich die Zahl der Oberschenkelhalsbrüche bis zum Jahr 2025 weltweit verdoppeln. Die Kosten für die Behandlung dieser schmerzhaften Frakturen und ihrer Folgen liegen in Deutschland bei 4,5 bis fünf Mrd. Euro pro Jahr.

Eine Verbesserung der Versorgung ist daher dringend erforderlich. Richtig eingesetzt, könnten Bisphosphonate die Zahl der Oberschenkelhalsbrüche halbieren, erklärte Schunack. Durch die Vermeidung der Hälfte der Frakturen könnten schätzungsweise zwei Mrd. Euro eingespart werden.

Kurz- und mittelfristig ließen sich bei den direkten Frakturkosten etwa 400 Mio. Euro einsparen. Nicht zuletzt würde der richtige Einsatz von Bisphosphonaten die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern, betonte Schunack.

Selbst schuld?

Dass die Versorgungssituation so schlecht ist, liege auch daran, dass viele Ärzte die Grundeinstellung hätten, an Osteoporose Erkrankte seien selbst schuld, vermutet der Referent. Schließlich könne mit calciumreicher Ernährung und Sport präventiv vorgegangen werden. Ein weiterer Grund könnte sein, dass es sich um ein typisches Leiden älterer Frauen handelt. "Wäre es ein Leiden älterer Männer gewesen, wäre es schon längst viel besser behandelt worden", meinte Schunack.

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