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Strukturreformen: GKV könnte mindestens 7,5 Mrd. Euro einsparen

ESSEN (ks). Nicht nur auf der Einnahmen-, sondern auch auf der Ausgabenseite besteht im Gesundheitswesen Reformbedarf. Durch die Beseitigung von Ineffizienzen könnten im gegebenen System jährlich zwischen 7,5 und zehn Mrd. Euro eingespart werden Ų so eine gemeinsame Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung RWI und der Health Care Unternehmensberatung ADMED GmbH, die am 11. Februar vorgestellt wurde. Die Studie schlägt zudem vor, eine neue Zuzahlungsregelung einzuführen und den unbeschränkten Mehr- und Fremdbesitz von Apotheken zuzulassen.

Die Studie überprüfte die Möglichkeiten einer Strukturreform auf der Ausgabenseite. Ergebnis: Allein im Krankenhaussektor seien Einsparungen von vier bis 4,6 Mrd. Euro möglich, wenn sich Krankenhäuser durch wechselseitige Spezialisierung auf Behandlungen mit jeweils hoher Fallzahl konzentrieren würden. Dabei könne neben der Effizienz auch die Qualität der Behandlung verbessert werden.

Weiterhin könnten die Verweildauern in den Kliniken reduziert und die Möglichkeiten ambulanter Operationen stärker genutzt werden. Kosten von jährlich 0,6 bis 0,7 Mrd. Euro ließen sich durch die konsequente Einführung des "Primärarztprinzips" vermeiden. Dabei laufen die Informationen über den Patienten bei einem Arzt zusammen, der die weitere Behandlung koordiniert.

Über diese Primärleistungen hinaus könnten Krankenhäuser Einkauf, Dienstleistungen und Wartungsverträge bündeln sowie Dienste ausgliedern und zentralisieren. Auf diese Weise ließen sich jährlich zwischen 2,3 und 3,3 Mrd. Euro einsparen, so die Studie. Die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen könnten beispielsweise durch vermehrte Kooperation und ein kleineres Geschäftsstellennetz um zwischen 0,5 und 1,7 Mrd. Euro gesenkt werden.

Vorschlag für neue Zuzahlungsregelung

Eigenbeteiligungen der Patienten befürwortet das RWI grundsätzlich. Zuzahlungen seien allerdings fragwürdig, wenn sie – wie im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) – teilweise unabhängig von den Kosten der Gesundheitsleistungen sind. So führe z.B. die Mindestzuzahlung bei Arzneimitteln von fünf Euro dazu, dass der Patient bei Produkten mit einem Preis unter 50 Euro keine Preisdifferenzen spüre und daher nicht nach kleinen Packungen frage.

Um für Patienten die Anreize für eine kostenbewusste Nachfrage zu erhöhen, schlägt das RWI einen anteiligen Selbstbehalt von zehn Prozent der tatsächlich angefallenen Gesundheitskosten vor. Ab einer gewissen Höhe an Gesundheitskosten entfällt der Selbstbehalt. Diese Höhe bestimmt sich über den Jahresbeitrag, der an die Krankenkasse zu entrichten ist.

Der Jahresbeitrag wurde als Grundlage für die Bestimmung der maximalen Zuzahlung gewählt, weil die Krankenkasse diese Information bereits besitzt und somit kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand nötig ist. Die Studie spricht sich dafür aus, separate Selbstbehalte für Medikamente, ambulante und stationäre Leistungen zu wählen, um für jede Behandlungsart die Anreizwirkung aufrecht zu erhalten, wenn der Selbstbehalt durch eine andere Behandlungsart sonst schon ausgeschöpft wäre.

Für Arzneimittel und ambulante ärztliche Behandlungen sollte der maximale Selbstbehalt bei sechs Prozent vom Jahresbeitrag zur Krankenkasse liegen. Bei stationären Leistungen schlägt das RWI eine Obergrenze von acht Prozent vor. Präventivmaßnahmen würden von Selbstbehalten vollständig befreit.

Für mehr Wettbewerb zwischen Apotheken

Weiterhin empfiehlt das Wirtschaftsforschungsinstitut eine freie Vertragsgestaltung zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern. Das Verhandlungsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen würde entfallen. Weitere Deregulierungen seien im Bereich des Wettbewerbs zwischen Apotheken und zwischen privaten Krankenversicherern sinnvoll.

"Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass die heutigen Restriktionen im Bereich der Apotheken ineffizient sind", heißt es in der Studie. Das mit dem GMG gelockerte Mehrbesitzverbot sei zwar begrüßenswert. In einem nächsten Schritt müssten jedoch sämtliche Verbote aufgehoben werden.

Unklar sei zudem, welche Besonderheiten des Einzelhandels mit Medikamenten es rechtfertigen, dass Apotheken im Gegensatz zu anderen Branchen einer staatlich verordneten Preisordnung unterliegen. Wie zwischen Ärzten und Krankenkassen sei auch zwischen Apothekern und Krankenkassen Vertragswettbewerb vorstellbar. Der Patient würde aufgrund seiner Selbstbeteiligung einen Wettbewerbsdruck auf Apotheken ausüben, so die Studie des RWI.

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