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Bundestag: Europäische Biopatentrichtlinie umgesetzt

BERLIN (ks). Der Bundestag hat am 3. Dezember mit den Stimmen der Regierungskoalition und der CDU/CSU das Biopatentrecht den europäischen Vorgaben angepasst. Umgesetzt wurde eine Richtlinie der EU aus dem Jahr 1998, deren Umsetzungsfrist bereits vor vier Jahren abgelaufen war. In den ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde eine zusätzliche Bestimmung eingefügt, die den absoluten Stoffschutz für natürliche menschliche Gensequenzen einschränkt. Stoffpatente auf Gene wird es damit in Deutschland nicht geben.

Ziel der EU-Richtlinie ist, gemeinschaftsweit harmonisierte Regelungen für die Patentierung von Innovationen auf dem Gebiet der belebten Natur festzuschreiben. Dadurch soll verhindert werden, dass sich Praxis und Rechtsprechung auf diesem Gebiet innerhalb der Gemeinschaft auseinander entwickeln. Zudem sollten eindeutige Vorschriften zu den Patentierungsverboten im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen in das Patentgesetz aufgenommen werden.

Jahrelang wurde die Umsetzung der Biopatentrichtlinie in Deutschland kontrovers diskutiert. Im Frühjahr legte das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf vor, der eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der europäischen Richtlinie vorsah. Vor allem seitens der Grünen und der Union stieß der Entwurf auf Kritik. Im weiteren parlamentarischen Vorgang erfuhr der Gesetzentwurf eine wesentliche Änderung: Klar gestellt ist nun, dass der Stoffschutz für Gensequenzen, deren Aufbau mit dem einer natürlichen menschlichen Sequenz übereinstimmen, auf die in der Patentanmeldung beschriebene Verwendung eingeschränkt ist.

Zukünftig wird es für Gene, Gensequenzen bzw. Teilsequenzen eines Gens, die auch beim Menschen vorkommen, keinen absoluten Stoffschutz mehr geben. Der Schutzumfang wird vielmehr auf die in der Patentanmeldung beschriebene Verwendung beschränkt. Diese Lösung hatte der Bundestags-Rechtsausschuss mit den Stimmen von SPD, Grünen und Union am 1. Dezember empfohlen. Der Bundestag beschloss ferner, dass sich die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission für Verbesserungen und Präzisierungen der Biopatentrichtlinie einsetzen soll.

Grüne und Union: Erfolg nach langem Streit

Regierungs- wie auch Unionsvertreter erklärten zum gefundenen Kompromiss, dass sich die langjährige Arbeit gelohnt habe. Reinhard Loske (Grüne) sagte, Stoffpatente auf Gene oder Gensequenzen seien ein "grundsätzlicher Irrweg". Die Isolierung von Genen und die Identifizierung ihrer Funktionen seien keine Erfindungen, sondern Entdeckungen. Zudem seien Stoffpatente auf Gene oder Gensequenzen forschungsfeindlich, weil sie wissenschaftliche Anstrengungen für Dritte in diesem Bereich erschwerten. "Sie führen zu Bio-Monopolen, die sich potenziell preissteigernd auf Medikamente, Therapien und pflanzliches Saatgut auswirken", so Loske.

Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe argumentierte ähnlich, hielt der Regierung jedoch vor, dass sie die nun gewonnenen Einsichten schon vor Jahren hätte haben können. "Sie hätte mit einer solchen restriktiven nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie viel Streit sparen können". Auch Hüppe verwies darauf, dass die EU-Biopatentrichtlinie "unverändert zu weit gefasst" sei und Stoffpatente auf Gene ermögliche. In einem Jahr will der Gesundheitsausschuss wissen, was die Bundesregierung unternommen hat, um eine Revision der Richtlinie auf europäischer Ebene herbeizuführen.

Kritik von den Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen – u.a. die Bundesverbände der AOK, BKK, IKK – begrüßten den Kompromiss grundsätzlich. Sie halten es aber für zwingend erforderlich, dass der Patentumfang nicht nur für solche Patente eingeschränkt wird, die ein deutsches Patentamt erteilt. Vielmehr müsse analog auch der Patentumfang für diejenigen Genpatente eingeschränkt werden, die das Europäische Patentamt in München erteilt – dies sei die weitaus überwiegende Anzahl. Die Kassen hatten bereits im Vorfeld kritisiert, dass ein umfassender Patentschutz für menschliche Gene und Gensequenzen zu Intransparenz in der Forschung führe. Zudem seien erhebliche Ausgabensteigerungen, insbesondere im Arzneimittelsektor, zu befürchten. Der nun gefundene Kompromiss könne diese Befürchtungen nicht vollständig ausräumen, wenn nur Patente deutscher Patentämter eingeschränkt würden.

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