Selbstmedikation

Husten – vom Abwehrreflex bis zur chronischen Lungenerkrankung

Wegen eines Hustens geht man doch nicht zum Arzt, sondern – wenn überhaupt – in die Apotheke, um die Mittel zu kaufen, die aus der Werbung bekannt sind. Aber Vorsicht: nicht jeder Husten ist harmlos! Eine kurze, aber gründliche Abklärung ist für eine verantwortungsvolle Selbstbehandlung notwendig.

 

Krankheitsbild "Banaler Infekt"

Husten ist meist Symptom eines banalen Infekts, einer so genannten "Erkältung". Ein solcher Infekt beginnt häufig mit Halsschmerzen und Heiserkeit, manchmal nur mit einem Kratzen im Hals, manchmal auch mit einem starken, quälenden Hustenreiz. Ein bis zwei Tage später setzen ein wässrig schleimiger Schnupfen und ein produktiver Erkältungshusten ein. Gleichzeitig kann der Patient unter Kopf- und Gliederschmerzen, Mattigkeit und in den ersten Tagen unter erhöhter Temperatur leiden.

Treten diese Symptome akut in einer solchen charakteristischen Konstellation auf und beschränken sie sich auf die beschriebenen Beschwerden, ist eine weitere ärztliche Diagnostik bei unkompliziertem Verlauf nicht erforderlich. Voraussetzung für diese Entscheidung ist jedoch, dass in der Beratung die entscheidenden Fragen gestellt werden.

Wer ist der Patient?

Die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern bis zu zwei Jahren gehört in die Hand eines Kinderarztes. Auch eine scheinbar banale Erkältung kann bei den kleinen Patienten schwere Krankheitszustände auslösen, die nicht im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden können. Für Klein- und Schulkinder gelten wirkstoffabhängig besondere Anwendungseinschränkungen. Schwangere und Stillende sollten nur in Ausnahmefällen und nur nach Rücksprache mit dem Gynäkologen Arzneimittel einnehmen.

Auch alte, multimorbide Patienten sollten nur im Ausnahmefall ohne ärztliche Diagnose behandelt werden. Auch ohne zusätzliche Symptome besteht die Gefahr schwerwiegender Krankheitsverläufe. Nur (ansonsten) gesunde Erwachsene eignen sich für die Selbstmedikation.

Hinterfragen der Selbstdiagnose

Tritt der Husten in Kombination mit anderen Erkältungssymptomen auf, spricht viel dafür, dass die Symptome zunächst selbst behandelt werden können. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Fieber über 39 °C seit mehr als zwei Tagen vorliegt oder ein gelb-grünlich gefärbter Auswurf produziert wird. In diesem Fall liegt eine Lungenentzündung nahe, die mit einer effektiven Antibiose behandelt werden müsste.
 

Beispiele für Differenzialdiagnosen mit dem Leitsymptom Husten

Obere Luftwege und Bronchien 

  • banaler Virusinfekt 
  • sinubronchiales Syndrom bei Sinusitis 
  • Grippetracheitis 
  • Fremdkörperaspiration 

Pulmonale Ursachen 

  • Pneumonie 
  • Asthma bronchiale 
  • chronische Bronchitis, Raucherhusten 
  • Tumoren 
  • Tuberkulose 
  • Pneumothorax 

Kardiale Ursachen 

  • Linksherzinsuffizienz 
  • Lungenödem 

Gastrointestinale Ursachen 

  • Refluxkrankheit 

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen 

  • ACE-Hemmer 
  • ASS, Cromoglicinsäure 

Psychogene Ursachen 

  • Tic nach Pertussis 
  • Adoleszentenkrise 
  • Neurosen

Schmerzen beim Atemholen, starke Schmerzen beim Husten und vor allem Atemnot sind zusätzliche Symptome, die ebenfalls sofort Anlass zu einer Arztkonsultation geben sollten. Hier gibt es offensichtlich pulmonale Ursachen für das Symptom "Husten", die abgeklärt werden müssen.

Tritt der Husten in der Nacht auf, wird der Patient dadurch wach und muss sich aufsetzen, um wieder ausreichend Luft zu bekommen, könnte der Patient an einer Herzinsuffizienz leiden. Leidet er morgens an einem unproduktiven Hustenreiz, könnte eine Refluxkrankheit der Grund dafür sein.

Grundsätzlich ist eine Selbstbehandlung abzulehnen, wenn Patienten angeben, schon seit mehr als drei Wochen unter Husten zu leiden und keine ärztliche Diagnose vorliegt. Im einfachen Fällen handelt es sich nur um Reizhusten nach Bronchitis, in anderen Fällen vielleicht um chronische Bronchitiden, Lungenemphyseme oder Tuberkulose. Auch ein Bronchialkarzinom zeigt als erstes Symptom "nur" Husten. Patienten kommen auch in diesem Fall in die Apotheke, vielleicht sogar mit einem konkreten Präparatewunsch. Es liegt an uns, die richtigen Fragen zu stellen, die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen und den Patienten sofort zur Abklärung zum Arzt zu schicken, um eine mögliche Diagnosestellung und zielgerichtete Therapie nicht zu verzögern.

Husten als unerwünschte Arzneimittelwirkung

Besondere Aufmerksamkeit verdient bei einem andauernden Reizhusten die Medikation des Patienten. ACE-Hemmer führen in 5 bis 15% aller regelmäßigen Einnahmen zu einem trockenen, unproduktiven Hustenreiz. Ursache ist hier eine pulmonale Akkumulation von Bradykinin und/oder Prostaglandin bei vermindertem Abbau. Dieser Husten kann jederzeit nach Einnahmebeginn auftreten. Wenn er in den ersten Wochen auftritt, ist der Zusammenhang mit der ACE-Hemmer-Einnahme noch leicht zu erkennen.

Nach Jahren der regelmäßigen Einnahme ist der Zusammenhang schon schwieriger herzustellen. Der Husten ist reversibel. Nach ärztlich verordnetem Absetzen des ACE-Hemmers und Ersatz durch einen anderen Wirkstoff, z. B. einen AT-II-Antagonisten, verschwindet er innerhalb von zwei Wochen.

Fragen zum Einstieg ins Beratungsgespräch

Einmal die Ex-Husten-Tropfen, bitte!

  • Sind die Tropfen für Sie? 
    Kennen Sie die Tropfen schon aus eigener Anwendung? 
    Kommen Sie gut damit zurecht? Ich frage Sie, um zu erfahren, ob Sie rund herum zufrieden sind oder doch eine Beratung wünschen.
  • Welche Beschwerden haben Sie genau? 
    Haben Sie einen trockenen Reizhusten oder einen produktiven Erkältungshusten? 
    Sind Ihre Bronchien verschleimt? 
    Haben Sie noch andere Erkältungssymptome? 
    Haben Sie auch Fieber, gefärbten Auswurf, Schmerzen beim Luftholen, Atemnot? Ich frage Sie, weil es verschiedene Arten von Husten, verschiedene Ursachen für Husten und unterschiedliche Möglichkeiten der Behandlung gibt.
  • Wie lange haben Sie schon den Husten? Ich frage Sie, weil jeder lang andauernde Husten in die ärztliche Behandlung gehört.
  • Welche Behandlung haben Sie schon durchgeführt? 
    Was haben Sie schon gegen Ihre Beschwerden unternommen? Ich frage Sie, um zu erfahren, welche Mittel Ihnen helfen und welche nicht, welche Behandlungsmöglichkeiten in der Selbstmedikation noch in Frage kommen und ob Sie schon beim Arzt waren und eine Weiterbehandlung möglich ist.
  • Welche anderen Arzneimittel nehmen Sie noch ein? Ich frage Sie, um einen Überblick zu bekommen, ob Ihre Beschwerden eventuell durch die Einnahme anderer Arzneimittel ausgelöst worden sind und ob andere Erkrankungen eine Selbstbehandlung erlauben.

Allgemeine Maßnahmen zur Behandlung des Erkältungshustens

Die Behandlung des Erkältungshustens erfolgt rein symptomatisch und richtet sich danach, wie viel Sekret auf den Bronchien sitzt und darauf wartet, abgehustet zu werden.

Empfehlenswert sind folgende Allgemeinmaßnahmen:

  • körperliche Schonung, bei Fieber auch Bettruhe
  • frische Luft, für ausreichend Luftfeuchtigkeit sorgen
  • auf Rauchen verzichten, das Einatmen von Rauch vermeiden
  • ausreichend Trinken, vorzugsweise heißen Tee
  • Inhalationen, z. B. mit Kamillendampf
  • Lutschen von Halstabletten zur Verminderung des Reizes
  • Brusteinreibungen z. B. mit Menthol-haltigen Salben
  • Wärmeanwendungen, wie z. B. Rotlichtbestrahlung, Brustwickel, Erkältungsbad

Der lästige Reizhusten

In den ersten Tagen einer Erkältung überwiegt ein quälender Hustenreiz, der immer wieder Husten auslöst, ohne dass Sekret abgehustet werden könnte. Dieser unproduktive Reiz kann durch Antitussiva, wie Clobutinol oder Dextromethorphan, unterdrückt werden. Für eine ausreichende Wirksamkeit ist auf die notwendige Dosierung hinzuweisen. Die Anwendung erfolgt für zwei bis drei Tage. Sobald sich Sekret bildet und sich beim Husten löst, sollte das Antitussivum abgesetzt werden und auf ein Sekretolytikum umgestellt werden.

Husten mit vermehrtem Auswurf gilt für alle Antitussiva als Kontraindikation wegen der Gefahr des Sekretstaus. Bei der Wirkstoffauswahl sind Kontraindikationen und Wechselwirkungen zu beachten. So dürfen Clobutinol nicht bei eingeschränkter Nierenfunktion und Dextromethorphan nicht bei eingeschränkter Leberfunktion verwendet werden. Bei beiden Wirkstoffen gibt es Wechselwirkung mit zentraldämpfenden Arzneimitteln; deren Wirkung wird verstärkt.

Außerdem darf Dextromethorphan nicht eingesetzt werden, wenn der Patient Antidepressiva vom Typ der MAO-Hemmer einnimmt. Bei leichteren Beschwerden und Bevorzugung pflanzlicher Arzneimittel kann Drosera eingesetzt werden. Hier sind – außer möglichen Allergien – keine Anwendungseinschränkungen bekannt.

 

Symptome erfragen: Für verschiedene Arten von Husten mit verschiedenen Ursachen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Behandlung. Grundsätzlich ist eine Selbstbehandlung abzulehnen, wenn Patienten angeben, schon seit mehr als drei Wochen unter Husten zu leiden und keine ärztliche Diagnose vorliegt.
(Quelle: Selbstmedikation für die Kitteltasche, Deutscher Apotheker Verlag, 2004)


Helfen Sie den Husten zu lösen!

Zum Hustenlösen eignen sich Expektoranzien bzw. Sekretolytika. Chemische (Ambroxol, Bromhexin, Acetylcystein) und pflanzliche Wirkstoffe (z. B. Thymiankraut, Efeublätter, Myrtol) scheinen sich gleich gut zu eignen. Empfehlenswert ist eine regelmäßige Einnahme einer ausreichenden Dosierung über sieben Tage. Zur Wirkung ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr notwendig. Die Wirksamkeit wird in Fachkreisen immer wieder in Frage gestellt. Eine beschleunigte Heilung können diese Mittel wohl nicht bringen, aber eine subjektive Erleichterung scheint erreicht zu werden.

Wichtig bei der Substanzauswahl ist die Beachtung von Anwendungseinschränkungen. Für Acetylcystein ergeben sich in vitro Wechselwirkungen mit Penicillinen, Cefalosporinen und Tetracyclinen. Ein Einnahmeabstand von zwei Stunden zwischen Antibiose und Mucolytikum kann am besten mit der Einmalgabe der 600-mg-Dosierung eingehalten werden. Expektoranzien auf Basis von Eukalyptus-, Anis- und Pfefferminzöl dürfen nicht eingesetzt werden bei entzündlichen Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt und der Gallenwege. Antazida sind mit einem Abstand von zwei Stunden einzunehmen, um Magenreizungen zu vermeiden.

Dr. Kirsten Lennecke, Sprockhövel

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