Prisma

Immunsystem: Existenz von Wächterzellen in Frage gestellt

Heidelberger Wissenschaftler stellen eine in der renommierten Fachzeitschrift "Science" publizierte Hypothese zur Immunabwehr in Frage: Entgegen dieser Veröffentlichung sollen Menschen keine spezifischen Wächterzellen besitzen, die den menschlichen Körper vor unerwünschten Abwehrreaktionen gegen das eigene Gewebe bewahren.

Amerikanische Wissenschaftler vom Medical College of Georgia schrieben im September 2002 in "Science", dass so genannte "dendritische Zellen" des Immunsystems, die das Enzym Indolamin 2,3-Dioxygenase (IDO) produzieren, als Wächterzellen die Immunabwehr lähmen können. IDO-Zellen, so die Autoren, seien in vielen Organen des menschlichen Körpers zu finden, unter anderem in der Lunge und im Darm, wo sie möglicherweise eine Schlüsselrolle bei der Verhinderung von Autoimmunreaktionen spielen würden. Auch der Fetus im Mutterleib benutze IDO-Zellen, um zu verhindern, dass er als fremdes Gewebe abgestoßen wird.

Die Publikation galt bislang als Schlüssel für die Entwicklung neuer Wirkstoffe zur Unterdrückung der Immunabwehr sowie gegen Autoimmunerkrankungen. Heidelberger Wissenschaftler um Prof. Dr. Peter Terness stellen die Existenz der IDO-Zellen im Menschen nun jedoch grundsätzlich in Frage. Im Labor produzierten sie dendritische Immunzellen mit den von ihren amerikanischen Kollegen beschriebenen Merkmalen. Die Zellen waren nicht in der Lage, "spontan" das Enzym IDO zu produzieren. Auch wenn sie dazu "gezwungen" wurden, gelang es nicht, mit ihrer Hilfe die Immunreaktion zu unterdrücken. Die Untersuchungen wurden an menschlichen Zellen durchgeführt. "Wie es zu diesen abweichenden Ergebnissen kommen konnte, ist unklar", so Terness. Das Beispiel zeige jedoch wieder: "Entdeckungen, selbst wenn sie in namhaften Zeitschriften publiziert sind, sollten stets kritisch hinterfragt werden." ral

Quelle: Pressemitteilung vom Universitätsklinikum Heidelberg, 3. 12. 2004

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