Arzneimittel und Therapie

Adipositas: Hilfe durch Peptid YY?

In den komplexen physiologischen Abläufen, die im Körper ein Sättigungsgefühl erzeugen, spielt das Peptiddarmhormon YY3-36 eine zentrale Rolle. Die exogene Zufuhr des Peptiddarmhormons YY führt bei schlanken und bei übergewichtigen Personen zu verminderter Nahrungsaufnahme und reduziertem Appetit. Somit könnten sich mit der Substitution von Neuropeptid PYY oder durch seine verstärkte endogene Bildung interessante therapeutische Optionen zur Therapie der Adipositas ergeben.

Das Peptiddarmhormon YY3-36 (PYY) wird postprandial innerhalb von 15 Minuten nach dem Essen von endokrinen L-Zellen im distalen Dünndarm und im Kolon freigesetzt und wirkt bis zu sechs Stunden nach einer Mahlzeit. Seine Sekretion wird durch neuronale Reflexe und durch die Aufnahme von Nahrungsmitteln - vor allem durch Kohlenhydrate und Lipide - gefördert.

PYY inhibiert die Motilität des Dünndarms ("Ileum-Bremse") und löst über neuronale Verbindungen zum Hypothalamus das Sättigungsgefühl aus. Nachdem in Tierversuchen die anorektische Wirkung von PYY gezeigt wurde und bei normalgewichtigen Probanden PYY-Infusionen zu einer verminderten Kalorienaufnahme führten, wurde die exogene Zufuhr von PYY auch bei adipösen Patienten untersucht.

Doppelblinde Cross-over-Studie

In einer doppelblinden, plazebokontrollierten Cross-over-Studie wurde die Wirkung von exogen zugeführtem PYY auf Appetit und Nahrungszufuhr bei übergewichtigen und normalgewichtigen Probanden untersucht. 12 adipöse (durchschnittlicher BMI 33) und 12 schlanke (mittlerer BMI 20,5) Studienteilnehmer erhielten jeweils morgens eine Kochsalzinfusion oder PYY (2 nmol pro m2/Körperoberfläche).

Zwei Stunden nach der Infusion konnten sich die Studienteilnehmer an einem Mittagsbuffet frei bedienen. Neben der Kalorienzufuhr wurden die Plasmaspiegel von PYY, Ghrelin, Leptin und Insulin ermittelt. Dabei konnten folgende Ergebnisse ermittelt werden:

  • Bei übergewichtigen Probanden war die Kalorienzufuhr nach der PYY-Gabe um 30%, bei den normalgewichtigen Studienteilnehmern um 31% erniedrigt (p<0,001).
  • Durch die PYY-Gabe wurde bei allen Studienteilnehmern die kumulative 24-Stunden-Nahrungsaufnahme signifikant gesenkt.
  • Die PYY-Infusion senkte den Plasmaspiegel des appetitstimulierenden Hormons Ghrelin.
  • Die endogenen Nüchtern- und Postprandialspiegel von PYY waren bei den adipösen Probanden signifikant niedriger als bei der normalgewichtigen Vergleichsgruppe (der PYY-Nüchternspiegel adipöser Probanden betrug durchschnittlich 10,2 Ī 0,7 pmol/Liter, der Durchschnittswert bei Normalgewichtigen lag bei 16,9 Ī 0,8 pmol/Liter).
  • Zwischen den PYY-Nüchternwerten und dem Body-Maß-Index besteht eine umgekehrt proportionale Beziehung.

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass endogenes PYY beim Zustandekommen einer Adipositas eine Rolle spielt. Möglicherweise ergeben sich daraus therapeutische Alternativen, da adipöse Probanden auf die Gabe von PYY reagieren und keine Resistenz - wie bei einer Leptinsubstitution - zeigen.

Signalstoffe für die Nahrungsaufnahme

Das Peptiddarmhormon YY3-36 (PYY) wird postprandial von endokrinen L-Zellen im distalen Dünndarm und im Kolon freigesetzt und löst ein Sättigungsgefühl aus. Seine Sekretion wird durch neuronale Reflexe und durch die Aufnahme von Nahrungsmitteln stimuliert.

Das Protein Leptin wird in Fettzellen gebildet und meldet dem Gehirn, wie viel Fett der Körper enthält. Erhöhte Leptinwerte aktivieren den Körper zu mehr Bewegung, um Fett abzubauen. Dies funktioniert indes nur bei Normalgewichtigen, bei Übergewichtigen besteht eine Leptinresistenz.

Ghrelin ist ein Polypeptidhormon, das ähnlich wie Leptin über spezifische Rezeptoren auf den Hypothalamus wirkt und die Nahrungsaufnahme stimuliert. Es steigt präprandial im Plasma an und ruft ein Hungergefühl hervor. Bei gefülltem Magen sinken Hungergefühl und Ghrelinkonzentration schnell wieder ab. Ghrelin wird im Magen sezerniert und kann als ein Kurzzeit-Kontrollsystem betrachtet werden, welches über das Ausmaß der Nahrungsaufnahme entscheidet.

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