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Mit High-Tech gegen Arzneimittelfälschungen

MÜNCHEN (bf). Der genetische Fingerabdruck hilft nicht nur Kriminologen bei der Überführung von Straftätern, auch Medikamente lassen sich damit fälschungssicher machen. So kennzeichnet Bristol-Myers Squibb in einem speziellen Verfahren Medikamente mit DNA. Und dafür gibt es viele gute Gründe.

Gefälschte Medikamente werden zunehmend zum Problem. Laut FDA sind etwa 10% aller auf dem Markt befindlichen Medikamente gefälscht, mit Spitzenanteilen von bis zu 70% in bestimmten Ländern Afrikas und Asiens. Gefälscht wird alles: Wirkstoff, Verpackung, Beipackzettel und Dosierung. Dabei scheint es sich nicht ausschließlich um ein Problem der Entwicklungsländer zu handeln, wie lange angenommen wurde. Globalisierung und Kostendruck führen dazu, dass auch die Industrieländer zunehmend ins Visier der Fälscher geraten.

Im Blickpunkt stehen vor allem Lifestyle-Drogen, Aids-Medikamente, Chemotherapeutika und Antibiotika. Mangelhafte Wirksamkeit bis hin zu Todesfällen können die fatalen Folgen sein. Das Bundeskriminalamt verzeichnete seit 1996 28 Fälle, in denen Originalpräparate in gefälschten Primär- und/oder Sekundärverpackungen auf den deutschen Markt gebracht wurden. In drei Fällen handelte es sich um Totalfälschungen.

Prüfung in Sekundenschnelle

Die Firma Bristol-Myers Squibb hat nun reagiert: Sie schützt besonders gefährdete Medikamente mit einem "genetischen Fingerabdruck", wie sie auf der Pressekonferenz "DNA gegen gefälschte Arzneimittel" in München vorstellte. Dieses DNA-Labeling nützt die unendlichen Kennzeichnungs- und Kombinationsmöglichkeiten synthetisch erzeugter DNA. Der Trick: Die aus zwei Strängen bestehende DNA wird getrennt und mit Hilfe zweier verschiedener Medien wieder zusammengeführt. Eine kleine Menge DNA befindet sich an einer Stelle der Verpackung, das exakt passende Gegenstück dazu in einem Stift. Der sich bildende Doppelstrang sendet ein Licht aus, das nur mithilfe eines Lesegerätes wahrgenommen werden kann.

"Deutschland ist ein Hochpreismarkt und damit das gefundene Fressen für Fälscher." 
Dr. Ingrid Kempf, BMS München

Die Echtheit der Verpackung kann so in Sekundenschnelle und an jedem Ort der Welt überprüft werden. Die neue Technik ermöglicht es damit, den Distributionsweg eines Originalmedikaments vom Hersteller bis zum Patienten zu verfolgen. Nachdem erste Feldversuche mit dem Chemotherapeutikum Paclitaxel (Taxol®) vielversprechend verlaufen sind, hat sich BMS dazu entschlossen, sämtliche Medikamente gegen HIV/Aids mit fälschungssicheren Verpackungen auszustatten. In ferner Zukunft lassen sich möglicherweise neben der Packung auch Blister und Tabletten auf diese Weise fälschungssicher machen.

Profit für alle

Von dieser Idee profitieren in erster Linie die Patienten. Aber auch der Großhandel und die Apotheken können sich darauf verlassen, den Originalwirkstoff in den codierten Verpackungen abzugeben. Gerade unter dem Eindruck der 12. AMG-Novelle, die den Arzneimittelfälschungen mit strengeren Regeln als bislang den Kampf angesagt hat (DAZ Nr. 36/2004, S. 47 – 57), kommt dieser Strategie besondere Bedeutung zu.

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