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Apothekenaufsicht wird in Niedersachsen Kammersache

HANNOVER (tmb). In mehreren Bundesländern wurde bereits über Möglichkeiten diskutiert, die behördliche Apothekenaufsicht auf die Apothekerkammern zu übertragen. Was anderswo eine Idee geblieben ist, wird in Niedersachsen zum 1. Januar 2005 realisiert. Im Zuge der Auflösung der Bezirksregierungen wird die Apothekenaufsicht an eine neu zu schaffende Organisationseinheit innerhalb der Apothekerkammer übertragen. Die Apothekenaufsicht bleibt dabei von der Selbstverwaltung unabhängig und wird weiterhin der ministeriellen Rechts- und Fachaufsicht unterstehen.

Die neue finanziell und organisatorisch eigenständige Aufsichtsstelle wird alle Überwachungsaufgaben innerhalb des Apothekenwesens übernehmen, die bisher von den Bezirksregierungen wahrgenommen wurden. Dies sind die Apothekenbesichtigungen, Betriebserlaubnisse, Versorgungsverträge, der BtM-Verkehr, soweit er in Apotheken stattfindet, und die Berufserlaubnis für ausländische Kollegen. Dagegen verbleibt die Zuständigkeit für die Approbation beim Landesprüfungsamt für Heilberufe. Der Betäubungsmittelverkehr der Ärzte und Zahnärzte und deren Berufserlaubnis werden künftig von den jeweiligen Kammern überwacht.

Die Auflösung der Bezirksregierungen betrifft auch die pharmazeutischen Inspektorate in dieser Mittelinstanz der Verwaltung. Die bei den Bezirksregierungen tätigen Apothekerinnen und Apotheker werden zu den Gewerbeaufsichtsämtern wechseln und sich dort auf die Arzneimittelüberwachung konzentrieren. Diese Inspektorate überwachen dann beispielsweise pharmazeutische Hersteller und Großhändler, aber keine Apotheken mehr, die sich auf den gewöhnlichen Apothekenbetrieb beschränken.

Abschaffung der Mittelinstanz

Hintergrund dieser Neuregelung ist die von der niedersächsischen CDU/FDP-Koalition vereinbarte und inzwischen vom Landtag beschlossene Verwaltungsreform, die neben anderen Maßnahmen die Abschaffung der Mittelinstanz vorsieht. Die Landesregierung will dadurch mittelfristig 6.700 Stellen abbauen. So übernehmen die Heilberufskammern nun aufgrund der Verwaltungsreform künftig hoheitliche Aufgaben, was schon lange zuvor in den Kammern auch in anderen Bundesländern teilweise kontrovers diskutiert, aber zunächst nicht umgesetzt worden war. Befürworter der neuen Regelung betonen, dass auch andere Heilberufskammern betroffen sind und für die verbleibenden Aufgaben die Gewerbeaufsichtsämter zuständig werden.

Unabhängigkeit innerhalb der Kammer

Die derzeitigen Planungen sehen vor, die neue Aufsichtsstelle organisatorisch und finanziell von der Selbstverwaltung zu trennen. Das Land stellt das erforderliche Personal und trägt die Kosten der Überwachungsstelle. Vorgesetzte für die neue Aufsichtsstelle, die einen Teil der Kammer und keine Exklave darstellen soll, wird die Kammerpräsidentin sein. Inhaltlich wird die Aufsichtsarbeit an rechtliche Vorgaben und ministerielle Erlasse gebunden sein, sie untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit.

Welche praktischen Folgen diese Konstruktion haben wird, was dies bei möglicherweise unterschiedlichen berufspolitischen Positionen des Ministeriums und der Kammer bedeuten kann und wie mögliche Interessenkollisionen zu lösen wären, kann erst der Alltag zeigen. Dabei wird sowohl zu beachten sein, inwieweit die Kammer auf die Aufsichtstätigkeit einwirken kann, als auch welche Möglichkeiten in umgekehrter Richtung bestehen. Befürworter der neuen Regelung begrüßen den Kompetenzgewinn für die Selbstverwaltung und erwarten eine kollegialere Atmosphäre bei Apothekenbesichtigungen, während Kritiker die Gefahr sehen, die Kammer könne zu sehr von der Aufsichtstätigkeit beeinflusst werden und einen zu starken Kontrollcharakter erhalten.

Besichtigungen vereinheitlichen

Schon jetzt ist erkennbar, dass die neue Struktur ohne die mittlere Ebene zwischen der zentralen Aufsichtsstelle und den Ehrenbeamten zu praktischen Änderungen in der Apothekenaufsicht führen wird. Die Kammer erhält die Dienstherrenfähigkeit, d. h. sie kann Beamte beschäftigen und ernennen. Die ehrenamtlichen Pharmazieräte werden damit in Niedersachsen künftig zu Ehrenbeamten der Apothekerkammer.

Der Wegfall der mittleren Ebene legt nahe, die Apothekenbesichtigungen landesweit stärker zu vereinheitlichen. Eine Projektgruppe der Pharmazieräte arbeitet bereits an Vorschlägen für einen gemeinsamen Bewertungskatalog. Außerdem ist künftig zu erwarten, dass sich die regional zum Teil stark abweichende Besichtigungsfrequenz in den Apotheken landesweit angleichen und jede Apotheke jeweils einem bestimmten Pharmazierat zugeordnet wird.

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