Arzneimittel und Therapie

Tierische Diagnostik: Hunde erschnüffeln Blasenkrebs

Die Hypothese, dass Hunde in der Lage sein könnten, nicht nur Drogen, sondern auch maligne Erkrankungen zu "erschnüffeln", ist relativ neu – sie wurde Ende der 80-er Jahre erstmalig aufgestellt. Jetzt wurde die erste wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema veröffentlicht. Offenbar können Hunde lernen, Blasenkrebs in Urinproben zu erschnüffeln.

Basis für diese ungewöhnlich anmutende Studie war zum einen die Tatsache, dass Hunde über einen ausgezeichneten Geruchssinn verfügen und zum anderen die Erkenntnis, dass Tumoren flüchtige organische Substanzen mit charakteristischem Geruch produzieren, die beispielsweise über die Atemluft oder den Schweiß an die Umwelt abgegeben werden.

Aus sieben Proben die richtige herausfinden

Die sechs in die Studie involvierten Hunde – drei Cocker-Spaniel, ein Labrador, eine Promenadenmischung und ein Papillonhündchen – mussten zunächst ein Trainingsprogramm über sieben Monate absolvieren. Darin wurden sie auf eine bestimmte "Geruchskomposition" trainiert, die charakteristisch für den Urin von Blasenkrebspatienten ist. Die Hunde mussten weiterhin lernen, Gerüche, die von Sekundärerscheinungen der Tumorerkrankung wie Blutungen, Entzündungen, Infektionen oder Nekrosen herrühren, zu ignorieren, denn derartige Symptome können auch bei nicht-malignen Erkrankungen auftreten.

Bei den Patienten, deren Urinproben verwendet wurden, handelte es sich um 36 Männer und Frauen im Alter zwischen 48 und 90 Jahren, bei denen erstmalig oder erneut ein Blasenzellkarzinom diagnostiziert worden war. Die 108 Kontrollproben stammten von Patienten bzw. Personal eines britischen Krankenhauses und deren Angehörigen. Patienten mit jeglichen urologischen malignen Erkrankungen in der Anamnese wurden ausgeschlossen.

Hohe Erfolgsquote

Die Aufgabe für die Hunde bestand darin, jeweils neun Testreihen zu absolvieren. In jeder Serie sollten sie aus sieben Urinproben, darunter sechs Kontrollen, die eines Blasenkrebs-Patienten identifizieren, indem sie sich daneben legten. Primärer Endpunkt der Studie war die mittlere Erfolgsrate jedes Hundes. Sie wurde verglichen mit der Erfolgsrate, die sich per Zufall ergeben hätte. Es gelang den Tieren, von den insgesamt 54 Urinproben der Blasenkarzinompatienten 22 als solche zu identifizieren. Dies entspricht einer Erfolgsrate von 41%. Per Zufall wären nach den statistischen Analysen nur 14% der Proben als positiv herausgefunden worden.

Eine Kontrolle war positiv

Welche genaue chemische Zusammensetzung der Geruch der Urinproben von Blasentumorpatienten besitzt, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur spekuliert werden, so die Autoren der Studie. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass beispielsweise bei Lungen- und Brustkrebs ein erhöhter Anteil von Formaldehyd, Alkanen und Benzolderivaten in der Atemluft der Patienten enthalten ist. Andere flüchtige Verbindungen wären nach Ansicht der Autoren jedoch ebenfalls vorstellbar.

Das Highlight der Studie war zweifellos die von allen Hunden übereinstimmend vorgenommene Identifizierung einer Kontrollprobe als positiv. Der entsprechende Studienteilnehmer hatte sämtliche ultrasonografischen und zytoskopischen Tests mit negativem Ergebnis absolviert. Während der daraufhin vorgenommenen weiteren Untersuchungen fand man bei der vermeintlichen Kontrollperson einen bisher symptomlosen Tumor in der rechten Niere.

Dr. Claudia Bruhn, Berlin

Quelle
Willis, C. M.; et al.: Olfactory detection of human bladder cancer by dogs: proof of principle study; Cole, Z.J.: Commentary: Teaching dogs new tricks. Brit. Med. J. 329, 712 – 715 (2004).

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