Arzneimittel und Therapie

Bakterielle Vaginose: Mit Selbsttest Frühgeburten vermeiden

Eine bakterielle Vaginose ist eine an und für sich harmlose Erkrankung. Bei Schwangeren kann sie jedoch schwerwiegende Konsequenzen haben. So scheint die bakterielle Vaginose einer der häufigsten Gründe für späte Fehlgeburten sowie Frühgeburten zu sein. Gegensteuern lässt sich der Gefahr nur, wenn die Infektionen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Bei verschiedenen Krankenkassen läuft derzeit ein Modellprojekt, mit dem geprüft werden soll, inwieweit man die Zahl bakterieller Vaginosen bzw. von Frühgeburten durch regelmäßige Selbstkontrollen der Schwangeren reduzieren kann.

Eine bakterielle Vaginose wird auch als Gardnarellen-Infektion, Haemophilus-vaginalis-Infektion oder Aminkolpitis bezeichnet. Gardnarellen sind stäbchenförmige Bakterien, die sich vorzugsweise auf Scheidenzellen anlagern und in kleinen Mengen sehr häufig im Genitalbereich vorkommen. Im Fall einer Veränderung des Scheidenmilieus können sie sich vermehren und Probleme verursachen. Rund 40% aller Scheidenentzündungen sind auf diesen Erreger zurückzuführen.

Das Krankheitsbild wird daher auch als unspezifische Vaginalentzündung (Kolpitis) oder bakterielle Vaginose bezeichnet. Normalerweise ist eine Infektion mit Gardnarellen harmlos, wenn auch unangenehm. Sie gilt allerdings als Wegbereiter für aufsteigende Infektionen: So begünstigen Gardnarellen etwa Eileiter- und Gebärmutterentzündungen, die durch andere Keime (z. B. Chlamydien) verursacht werden. Auch die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung ist bei bestehender bakterieller Vaginose erhöht.

pH-Wert gibt Hinweis auf Infektion

Schwangere, die von einer bakteriellen Vaginose betroffen sind, haben ein erhöhtes Risiko für vorzeitigen Blasensprung und Frühgeburt, wobei bislang nicht vollständig geklärt ist, ob die Gardnarellen für diese Komplikationen direkt verantwortlich gemacht werden können. Da sie jedoch andere Infektionen begünstigen, sollten sie auch dann behandelt werden, wenn keine gravierenden Symptome vorliegen, was bei etwa der Hälfte der betroffenen Frauen der Fall ist. Hinweise auf eine asymptomatische Infektion können Schwangere durch Messung des pH-Werts in der Scheide erhalten.

Bei Vorliegen einer bakteriellen Vaginose ist er erhöht. Im September vergangenen Jahres wurde in diesem Zusammenhang ein Modellprojekt gestartet, mit dem die Zahl der Frühgeburten verringert werden soll. Initiiert wurde das Projekt von der Techniker Krankenkasse, der Kaufmännischen Krankenkasse, der Barmer Ersatzkasse und der Hamburg Münchner Krankenkasse. Bis August 2007 bieten die vier Kassen ihren schwangeren Versicherten kostenlos einen Selbsttest an, mit dem die werdenden Mütter zweimal pro Woche ihren Scheiden-pH-Wert messen sollen. Sie benutzen dafür einen Handschuh, der an der Spitze des Zeigefingers mit einem kleinen Teststreifen präpariert ist.

Rückgang von Frühgeburten durch Studien belegt

Dass sich durch eine derartige Vorsorgemaßnahme die Zahl der Früh- und Fehlgeburten verringern lässt, haben zwei Studien gezeigt, die 1998 in Erfurt und 2000 in ganz Thüringen durchgeführt wurden. Danach ging insbesondere die Zahl der Frühgeborenen, die mehr als zehn Wochen vor dem Geburtstermin zur Welt kamen von 1,58 auf 0,99% zurück. Die Kaufmännische Krankenkasse, die ihren Versicherten den Test schon seit über zwei Jahren anbietet, hat weitere Zahlen parat: Nach Angaben der Kasse sank die Rate der Babys, die mit einem Gewicht unter 1000 Gramm zur Welt kamen, um mehr als ein Drittel. Noch seltener wurden Frühchen mit einem Geburtsgewicht von bis 1500 Gramm geboren – der Anteil ging um 38% zurück.

Von den jährlich 80.000 Babys, die in Deutschland jedes Jahr das Licht der Welt erblicken, kommen etwa 64.000 bereits vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt, normalerweise bleiben die Babys 42 Wochen im schützenden Mutterleib. Rund 9000 Frühchen werden sogar vor der 32. Woche geboren. Die Gesundheit dieser Winzlinge ist besonders gefährdet. Weil die Frühchen ein Höchstmaß an medizinischer Zuwendung benötigen, stellen sie für die Kassen außerdem einen Kostenfaktor dar: In den ersten Lebensmonaten für die Behandlung eines frühen Frühchens rechnen die Kassen durchschnittlich mit 30.000 bis 68.000 Euro Klinikkosten für die Behandlung. Hinzu kommen weitere Behandlungskosten für die Folgeversorgung der Kinder.

Nathalie Heinke, Frankfurt/M.

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