Hochschulnachrichten

Pharmazeutische Biologie Heidelberg: Kooperation mit China

Zwischen der Universität Heidelberg und der Northeast Forestry University in Harbin (chinesische Mandschurei) besteht seit zwei Jahren eine intensive wissenschaftliche Kooperation, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt wird. Innerhalb der Pharmazeutischen Biologie sind die Professoren M. Wink und J. Reichling (Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie) sowie Y. Zu (Key Laboratory of Forest Plant Ecology) an der Zusammenarbeit beteiligt.
Symbol der Reinheit: Die Lotosblume (Nelumbo nucifera) wird in der TCM und als Nahrungsmittel genutzt.

Forschungsprojekte

Prof. Zu in Harbin beschäftigt sich mit dem Anbau von Arzneipflanzen und der Gewinnung biogener Arzneistoffe. Gemeinsam mit den Heidelberger Wissenschaftlern erforscht er die Gewinnung von Camptothecin aus Camptotheca acuminata (Rubiaceae). Camptothecin hemmt die DNA-Topoisomerase und wird zur Chemotherapie von Krebserkrankungen eingesetzt. Während in China die Stammpflanze feldmäßig angebaut wird, versucht das Heidelberger Institut, Camptothecin in transformierten und nicht-transformierten Wurzelkulturen biotechnologisch zu produzieren.

Die Verwendung von ätherischen Ölen zur Bekämpfung viraler Erkrankungen ist ein gemeinsames Arbeitsthema zwischen Prof. Reichling und dem Harbiner Institut. Diese Thematik hat nicht zuletzt durch das Auftreten von SARS eine besondere Bedeutung erlangt.

Von besonderem Interesse in der Kooperation ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Die Zusammenarbeit sieht die Erarbeitung eines genetischen Barcode-Systems vor, um die chinesischen Drogen eindeutig identifizieren zu können. Diese Qualitätskontrolle wird umso wichtig, je mehr TCM-Drogen auf dem deutschen und internationalen Arzneimittelmarkt Fuß fassen.

Auf einem Arbeitstreffen vom 27. 9. bis 3. 10. 2004 in Harbin wurden von den deutschen und chinesischen Wissenschaftlern die relevanten Projekte in Vorträgen vorgestellt und ausgiebig diskutiert. Insbesondere die chinesischen Master- und PhD-Studenten waren eifrig bei der Sache, da einige von ihnen einen Studienaufenthalt in Heidelberg anstreben. Im Rahmen der akademischen Veranstaltungen wurde den Heidelberger Professoren von Seiten des Präsidenten der Northeast Forestry University der besonders ehrenvolle Titel "Guest Professor" verliehen. Erleichtert wird die wissenschaftliche Zusammenarbeit durch Dr. Günther Schwarz (ehemals Leipzig), der als deutscher Experte seit über vier Jahren in Harbin arbeitet.

 

WISSENSCHAFTLICHE KOOPERATION Dr. Schwarz, Prof. Zu, Prof. Wink, 
Prof. Reichling (v.l.n.r.).

 

Fortschritt und Tradition

Die Entwicklung der Städte und Industriegebiete verläuft im heutigen China in für deutsche Verhältnisse fast erschreckend schnellem Tempo. Auch Harbin (5 Millionen Einwohner) hat sich in den letzten zehn Jahren zu einer überaus modernen Großstadt gewandelt, in deren Einkaufszentren das Angebot wesentlich größer ist als in deutschen Supermärkten. Ähnlich wie in Shanghai überragt ein hoher neuer Fernsehturm die Stadt (der zweithöchste in China).

Auch vor den Apotheken hat die Modernisierung nicht Halt gemacht. Es handelt sich um pharmazeutische Supermärkte, in denen neben modernen synthetischen Arzneimitteln aus chinesischer Produktion (Generika) auch TCM angeboten werden. Die TCM-Abteilungen der Apotheken sind meist noch traditionell gestaltet: Schubladenschränke mit den Rohdrogen, die auf dem HV-Tisch zusammengestellt und verpackt werden, gehören nach wie vor zum Alltag.

Eindrucksvoll und verwirrend für den westlichen Besucher sind die eher bizarren Drogen wie getrocknete Seepferdchen, Seenadeln, Seegurken und Hirschpenisse oder in Scheiben geschnittene Hirschgeweihe. Einige tierische Drogen scheinen von besonderer Beliebtheit in der chinesischen Volksmedizin zu sein. Ginsengwurzeln – getrocknet, in Alkohol eingelegt oder geschnitten – bestimmen das Sortiment jeder TCM-Apotheke. TCM-Präparate werden aber auch außerhalb von Apotheken angeboten, z. B. an touristischen Stätten.

M. Wink, Heidelberg

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